Die staatlichen Behörden versuchen offenbar um jeden Preis, Erfolge in der Fahndung nach Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg zu erzielen. Nach der Verhaftung von Daniela Klette in Berlin-Kreuzberg fanden am Sonntag Razzien in Friedrichshain statt. Den Gesuchten wird vom deutschen Staat vorgeworfen, Mitglieder der 1998 aufgelösten Roten Armee Fraktion (RAF) gewesen zu sein.
Blendgranaten, Schüsse, Sprengung in Friedrichshain
Am Sonntagmorgen um 7.30 Uhr stürmten schwer bewaffnete Mitglieder von Spezialeinheiten des Bundeskriminalamts und des Landeskriminalamts Niedersachsen ein linkes Wohnprojekt in Berlin-Friedrichshain. Neben schweren Offensivfahrzeugen, einem Euphemismus für Bürgerkriegspanzer, ging die Polizei bei ihrem Angriff mit massiver Gewalt vor. So wurde eine Tür gesprengt und eine Blendgranate ins Innere geworfen. Eine Polizeisprecherin deutete einen Schusswaffeneinsatz bei einer Türöffnung an. Man kann nur von Glück sagen, dass sich keine Menschen im Wirkungsradius des Angriffs befunden hatten. Offenbar nahm die Polizei bei ihrer Fahndung Menschenleben in Kauf. Die Bewohner:innen des Wagenplatzes wurden aus ihren Betten gerissen, mussten teilweise fast unbekleidet in der Kälte stehen oder wurden zur Personalienfeststellung mitgenommen. Der S-Bahnverkehr wurde aufgrund der Polizeiaktion für mehrere Stunden eingestellt. Die Operation war jedoch erneut ein Schlag ins Wasser und die Betroffenen sind mittlerweile wieder frei.
Weitere Razzia am Boxhagener Platz
Doch damit nicht genug, am Abend rückten schwerbewaffnete Spezialeinheiten erneut in Friedrichhain aus und stürmten eine Wohnung am Boxhagener Platz. Näheres über die Umstände der Durchsuchung ist noch nicht bekannt. Es hat offenbar keine Festnahmen gegeben. Der Unmut angesichts der massiven Repressionswelle gegen linke Strukturen wächst. Vor dem Haus versammelten sich wütende Anwohner:innen. Es waren Parolen zu hören wie „Wo wart ihr in Hanau?“ oder „Wir sind alle 129a“ – also „Mitglieder einer terroristischen Vereinigung“.
RAF-Fahndung als Mittel zur Kriminalisierung linker Strukturen
Bis jetzt ist ein gesellschaftlicher Aufschrei über die massive Repression gegen linke Strukturen ausgeblieben. Während früher Großdemonstrationen angesichts solcher Angriffe stattfanden, reicht heute eine bemalte Matratze aus, um es auf die Titelblätter der Zeitungen zu schaffen. Dabei gilt einmal mehr, gemeint sind alle revolutionären Strukturen und die Perspektive auf gesellschaftliche Veränderung. Der RAF-Vorwurf wird heute inflationär sogar gegen pazifistische Klimaaktivist:innen der letzten Generation verwendet. In diesem Zusammenhang stellen die Razzien auch ein wichtiges Mittel dar, um die Staatsräson zu zeigen und eine vermeintliche Unmöglichkeit von Widerstand zu vermitteln. Linke Strukturen sollen eingeschüchtert oder, falls das nicht funktioniert, ausgeschaltet werden. Neue Repressionsangriffe werden offensichtlich diskursiv vorbereitet. So kolportierte der Tagesspiegel bereits, ohne auch nur ein Indiz dafür nennen zu können, der strömungsübergreifende Rechtshilfeverein Rote Hilfe e.V. habe die Untergetauchten unterstützt. Bezug genommen wird dabei auf eine treffende Feststellung des Vereins: „Die heutige Festnahme von Daniela Klette ist das Ergebnis einer jahrzehntelangen Verfolgungswut und dem staatlichen Rachebedürfnis gegen ehemalige Mitglieder der Stadtguerilla-Gruppen.“ Und: „Es ist die Aufgabe von Solidaritäts- und Grundrechtsorganisationen ebenso wie der gesamten Linken, sich gegen diese Gesinnungsjustiz zu stellen.“ In der Vergangenheit wurden Forderungen nach einem Verbot der Roten Hilfe laut. So brachten Politiker:innen der CDU/CSU immer wieder ein Verbot der Rechtshilfeorganisation mit über 10.000 Mitgliedern ins Spiel.
Es regt sich Protest
Doch allmählich kommt auch in Berlin der Protest gegen die Repression ins Rollen. So ist für Dienstag, 5. März, um 19 Uhr am U-Bahnhof Moritzplatz eine Demonstration unter dem Motto: „Schluss mit den Staatsschutz-Razzien - Freiheit für Daniela Klette und die anderen!“ angekündigt. Auch am kommenden Wochenende soll in Berlin Protest stattfinden. Für den 9. März ist eine Antirepressionsdemonstration unter dem Motto: „Stoppt den Staatsterrorismus - Solidarität mit den Untergetauchten und Gefangenen“ um 18 Uhr am Mariannenplatz in Kreuzberg geplant.
Titelbild: Transparent an der Roten Flora in Hamburg (c) Rote Flora