Von Silêmanî über Ostkurdistan nach Teheran - Teil 3
Eine Reise von Südkurdistan über Ostkurdistan nach Teheran: Beobachtungen der Landschaft, der Menschen und ihrer Verhaltensweisen
Eine Reise von Südkurdistan über Ostkurdistan nach Teheran: Beobachtungen der Landschaft, der Menschen und ihrer Verhaltensweisen
In Teheran führte uns unser Gastgeber Akam zum Haus des Schahs und anschließend zum Amir-Kabir-Staudamm. Der Staudamm liegt zwischen hohen Bergen und es war herrlich kühl dort. Wir gingen in ein Restaurant, aus dem es herrlich duftete. Viele der Kunden stammten offenbar aus dem Irak, der Kellner sprach auch uns auf Arabisch an und versuchte uns zu erklären, dass die Tische mit Aussicht auf den Staudamm alle besetzt seien. Mein Reisegefährte konnte jedoch Persisch und sagte lächelnd, dass wir keine Araber seien und insofern auch gar nicht die besten Plätze besetzen wollten. Wir suchten uns einen Tisch und setzten uns. Uns wurde die Speisekarte gebracht, auf der auch die Preise aufgelistet waren. Im Vergleich mit anderen Restaurants war alles ziemlich teuer. Mein Freund zeigte auf einen Mann, der traditionelle kurdische Kleidung trug, und sagte: „Den kenne ich. Er kommt aus Ranya. Seinerzeit hat er die Verräter angeführt, jetzt lebt er in Hewlêr und ist reich. Neben ihm sitzt sein Sohn, er ist ihm sehr ähnlich.“
Nach dem Essen beglichen wir die Rechnung. Als wir uns schon ein ganzes Stück vom Restaurant entfernt hatten, stellten wir fest, dass uns hundert Toman zu viel berechnet worden war. Zum ersten Mal waren wir im Iran betrogen worden. Während wir uns noch darüber unterhielten, bekam mein Weggefährte einen Anruf von einem jungen Mann aus der ostkurdischen Stadt Mahabad, der dort keine Arbeit gefunden hatte und deshalb in Teheran arbeitete. Aus dem, was er erzählte, war offensichtlich, dass er ein Linker war. Aufgeregt berichtete er von einer Reise nach Istanbul im vergangenen September, bei der er auf einen Informationsstand der HDP-Jugend gestoßen sei. Außerdem erzählte er, warum er in Teheran arbeiten müsse. Er habe eine persische Frau geheiratet, arbeite jetzt bei einem Reifenhändler acht Stunden am Tag und beziehe dafür ein Monatsgehalt von 600 Dollar. Der Umzug nach Teheran sei aus der Not erfolgt, weil es in Rojhilat (Ostkurdistan) für junge Menschen schwer sei, eine Arbeitsstelle zu finden.
Rückkehr nach Sine
Nach einer zweitägigen Reise in den Norden des Iran war es Zeit für die Rückkehr. Wir standen morgens früh auf und packten unsere Koffer, um nach Sine (Sanandadsch) zu fahren. Plötzlich hörte ich von draußen Guerillamusik. Ich war verblüfft und fragte Akam: „Wird hier etwa die Musik der PKK-Guerilla gehört?“ Akam antwortete: „Ja, natürlich. Die jungen Menschen aus Rojhilat kennen auch Öcalan sehr gut und lesen seine Bücher.“
Auf dem Weg zum Busbahnhof reservierte Akam für uns telefonisch zwei Fahrkarten. Wir verabschiedeten uns und machten uns auf den sechsstündigen Weg nach Sine. Dort angekommen gingen wir in ein uns bekanntes Restaurant, um noch einmal die köstliche ostkurdische Küche zu genießen. Später kam Viyan dazu. Ich sagte zu ihr: „Mir ist aufgefallen, dass man hier kaum den Muezzin hört.“ Viyan antwortete, dass es in Sine nur zwei große Moscheen gebe und die Bevölkerung auch keine Moscheen in den Wohnvierteln wolle. „Eigentlich ist im Iran allgemein das Interesse junger Menschen an Religion schwach ausgeprägt“, sagte sie.
Anschließend gingen wir wieder zu Baban und seiner Familie. Wie einige Tage zuvor wurden wir überaus herzlich empfangen. Wir ruhten uns ein bisschen aus, dann sagte Babans Schwiegersohn: „Los, ich bringe euch zur Avyar-Anhöhe, sie ist wie eure Azmar-Anhöhe in Silêmanî.“ Wir fuhren die Anhöhe hinauf und es war wirklich wie in Silêmanî. Man konnte die ganze Stadt sehen.
Am nächsten Morgen erzählte Baban von der Schah-Zeit. Mit bedrücktem Gesichtsausdruck berichtete er auch über die Zeit nach der Revolution im Iran. Zwischen 1980 und 1982 seien innerhalb von kurzer Zeit viele junge Männer in Sine gefallen. „Diese Islamische Republik hat uns unsere Lebensfreude genommen. Man kriegt keine Luft mehr. Wir wissen nicht, was wir tun sollen“, sagte er.
Dann war die Zeit zur Rückreise gekommen. Auf dem Weg zum Busbahnhof hielten wir an einem Laden an und kauften Reiseproviant. Dann fuhren wir los Richtung Grenze…