Türkische Morde auf Zypern: Wer war Theofilos Georgiadis?

Die Videoaussagen des Mafiapaten Sedat Peker haben eine Debatte über die Morde des türkischen Staates auf Zypern ausgelöst. Eines der Mordopfer war Theofilos Georgiadis, der damalige Vorsitzende des Kurdistan-Solidaritätskomitees.

Sedat Peker ist eine der Personen, die vom türkischen Staat bei seinem schmutzigen Krieg eingesetzt werden. Durch seine Videogeständnisse sind die auf Zypern begangenen Morde erneut auf der Tagesordnung. Eines der Mordopfer auf der Insel war Theofilos Georgiadis, der damalige Vorsitzende des Kurdistan-Solidaritätskomitees. Auch dieser Mord geht zweifellos auf das Konto von Abdullah Çatlı.

Nach der Aussage von Peker, dass der zypriotische Journalist Kutlu Adali von der Mannschaft von Mehmet Ağar und Korkut Eken ermordet worden ist, wird wieder über die Verbrechen des türkischen Staates auf Zypern diskutiert. Auf der Insel wurden Mitte der 1990er Jahre Zeitungsredaktionen bombardiert, Autos von Politikern und Journalisten in die Luft gejagt und Parteigebäude beschossen.

Theofilos Georgiadis wurde am 20. März 1994 vor seiner Wohnung erschossen. Er ist 1957 in der Nähe von Nikosia auf Zypern geboren. Sein Vater Pampos Georgiadis war Mitglied der bewaffneten Widerstandsorganisation EOKA („Nationale Organisation zypriotischer Kämpfer“), die in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre für eine Unabhängigkeit der Kronkolonie Zypern von Großbritannien kämpfte. Nach der türkischen Besatzung von 1974 musste die Familie wie Tausende weitere Menschen umziehen und ließ sich in einem der als „unparteiisch“ bezeichneten Viertel von Nikosia nieder.

Solidarität mit dem kurdischen Befreiungskampf

Theofilos Georgiadis studierte ab 1981 Politikwissenschaften in Athen. Mit Kurdistan und dem kurdischen Befreiungskampf setzte er sich auseinander, als er Türkisch lernte und über die türkische Geschichte recherchierte. Auch aufgrund seiner Türkischkenntnisse wurde er 1986 Türkei-Verantwortlicher in der Abteilung für Presse und Information der Republik Zypern.

Nach seiner Rückkehr nach Nikosia engagierte er sich mit weiteren Personen für den kurdischen Befreiungskampf. 1988 wurde das Kurdistan-Solidaritätskomitee gegründet. Theofilos Georgiadis begnügte sich jedoch nicht damit, trotz sehr eingeschränkter Mittel wurde die Zeitung „Die Stimme Kurdistans“ auf Griechisch herausgegeben. Seit dieser Zeit befand er sich im Visier des türkischen Geheimdienstes MIT. Für die Medien auf Zypern und in Griechenland war er erster Ansprechpartner, wenn es um die Entwicklungen in Kurdistan ging. Seine Stellungnahmen und Interviews machten Schlagzeilen in den Zeitungen und er trat häufig im Fernsehen auf. Wenn er gefragt wurde, warum er seine Energie für das kurdische Volk verwendete, anstatt gegen den türkischen Kolonialismus auf der Insel zu kämpfen, antwortete er: „Die Lage des kurdischen Volkes ist dringender als der Druck des türkischen Staates. Erst muss das kurdische Volk frei sein, denn sein Kampf ist auch unser Kampf.“

20.März 1994, 22.15 Uhr

Theofilos Georgiadis nahm am 12. und 13. März 1994 an einer kurdischen Konferenz in Brüssel teil. Nach seiner Rückkehr nach Zypern beteiligte er sich an der Vorbereitung einer Newroz-Feier, die vom Kurdistan-Komitee ausgerichtet wurde und am 21. März stattfinden sollte. In diesen Tagen erhielt er mehrfach Morddrohungen per Post und Telefon, die mit „Türkische Rachebrigaden“ (Türk İntikam Tugayları) unterzeichnet waren. Er kümmerte sich nicht weiter darum.

Am Abend des 20. März holte er Gäste aus Brüssel für die Newroz-Feier am Flughafen ab und brachte sie mit seinem Auto zu ihrer Unterkunft. Als er seine Wohnung im Stadtteil Aglantzia erreichte, war es 22.15 Uhr. Er stieg aus dem Auto aus und ein Auftragsmörder näherte sich von hinten. Georgiadis wurde von fünf Kugeln getroffen. Er brach zusammen und kämpfte lange um sein Leben. Der Killer flüchtete mit einem Motorrad vom Tatort und Georgiadis verstarb wenige Stunden später im Krankenhaus.

Von Çatlı engagierter Auftragsmörder

Der Mord machte sofort Schlagzeilen. Der damalige zypriotische Regierungssprecher Ioannis Kasoulidis bezeichnete den Vorfall in einer ersten Stellungnahme als politisches Attentat und sagte, dass ihm als erstes türkische Agenten einfallen würden. Georgiadis war zum damaligen Zeitpunkt 37 Jahre alt und Vater von drei Kindern. Innerhalb kurzer Zeit wurde in den Medien über die Einzelheiten des Attentats berichtet. Wer dahinter steckte, war nicht schwer zu erraten.

Abdullah Çatlı war einer der wichtigsten Männer der paramilitärischen Kräfte des türkischen Staates und wurde bei mehreren finsteren Vorfällen auf Zypern als Organisator erwähnt. Auch vor dem Mord an Theofilos Georgiadis war er auf die Insel gereist und hatte Kontakt mit dem Drogenhändler Hassan Zorti aufgenommen. Als Zorti einen anderen Dealer für 4000 zypriotische Lira und vier Kilogramm Heroin nicht als Auftragsmörder gewinnen konnte, flog der Attentatsplan auf. Der Angesprochene, dessen Name geheim gehalten wurde, nahm den Auftrag nicht an und verriet den Plan an die Polizei.

Theofilos Georgiadis wurde trotzdem nicht unter Polizeischutz gestellt. Der Trupp von Abdullah Çatlı nahm Kontakt mit Andreas Aristodimos auf, einem als „Giouroukis“ bekannten Drogenboss. Dieser beauftragte seinen Bruder Kypros Aristodimos mit dem Mord. Einige Monate nach dem tödlichen Attentat, im Juni 1994, wurde Aristodimos in der Nähe von Limassol tot aufgefunden. Um die Verbindung zum türkischen Staat nicht auffliegen zu lassen, wurden nach und nach weitere Personen aus seinem Umfeld exekutiert. Glafkos Kleridis, Präsident der Republik Zypern, gab im April 1995 bekannt, dass alle in den Mord verwickelten Personen tot seien und das Verfahren deshalb eingestellt werde.

Abdullah Öcalan: Theofilos war ein wertvoller Weggefährte

Theofilos Georgiadis gilt in der kurdischen Bewegung als Gefallener des Befreiungskampfes. Das kurdische Kulturzentrum auf Zypern ist nach ihm benannt. Abdullah Öcalan erklärte in einer Beileidsbekundung an seine Familie und Freunde: „Theofilos war ein Revolutionär, der die Menschen und seine Heimat aus ganzem Herzen geliebt hat. Er war voller Wut über den Kolonialismus und alle Arten von Besatzern. Die türkische Barbarei gegen unser Volk hat er als Vorgehen gegen sein eigenes Volk gesehen und dagegen aktiv Position bezogen. Mit seinen wertvollen Beiträgen zu unserem Kampf hat er großen Respekt und Sympathie im Herzen unseres Volkes hervorgerufen. Daher sagen wir, dass Theofilos für uns ein wertvoller Weggefährte war. Er ist unser Gefallener und stand für eine innige Verbindung zwischen den Völkern. In unserer Geschichte nimmt er einen wichtigen Platz ein. Wir werden seiner immer gedenken und alles Notwendige tun, um an ihn zu erinnern.“