Taşdemir: Die türkische Regierung steht vor einer Existenzfrage

Die HDP-Abgeordnete Dilan Dirayet Taşdemir erklärt, die AKP agiere in dem Bewusstsein, dass sie ohne die Vernichtung der HDP und der Freiheitsforderungen der Kurden nicht weiterexistieren könnte.

Die kurdische Politikerin Dilan Dirayet Taşdemir sieht hinter den aktuellen staatlichen Angriffen auf die HDP einen Ausdruck des Überlebenskampfes des Regimes in der Türkei. Die HDP sei der treibende Faktor der Demokratisierung des Landes, daher wende die AKP/MHP-Regierung jede nur erdenkliche Methode an, um die Partei zu vernichten.

Die HDP hält dem Regime den Spiegel vor

Taşdemir betont, die AKP habe sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene jegliche Legitimität verloren. Sie fährt fort: „Die siebenjährige Kampferfahrung der HDP hat gezeigt, dass die Mächtigen, die sich heute für ewig halten, nicht unbesiegbar sind. Dem System wurde die Maske vom Gesicht gerissen und es wurde deutlich, dass die Ideologie der Herrschenden nichts als Feindschaft gegenüber der Gesellschaft bedeutet. Die HDP hält dem Regime den Spiegel vor. Wie in einem Lackmustest geht es hier um eine Frage, in diesem Fall geht es um das Sein oder Nichtsein für die Regierung. Sie weiß, dass sie ohne die Vernichtung der HDP und die Niederschlagung der Freiheitsforderungen der Kurdinnen und Kurden nicht weiterbestehen wird.“

Die Regierung kann die Bevölkerung nicht mehr überzeugen

Nicht nur die Kurden und die HDP sind im Visier der Regierung, sondern alle, die Demokratie einfordern, erklärt die Abgeordnete. Die AKP versuche sich durch das Anfachen des Nationalismus an der Macht zu halten. Sie habe gegen die Opposition jedoch bereits alle Methoden anzuwenden versucht. Taşdemir weiter: „Dennoch ist die HDP weiterhin Realität. Sie lässt sich nicht einschüchtern, besteht auf ihren Rechten und wahrt ihre Legitimität auf den Straßen, im Gefängnis ebenso wie im Parlament. Wenn die Regierung angreift, verstößt sie gegen das Gesetz, aber sie macht es trotzdem. Obwohl sie alle möglichen Methoden des Kriegs, der Diskursmanipulation und der Presse einsetzt, kann sie die Bevölkerung nicht überzeugen. In diesem Land gibt es eine starken Glauben, dass die HDP die Triebfeder der Demokratie ist. Daher ist es auch kein Zufall, dass sich die Angriffe gegen die HDP und die Frauen, die der Gesellschaft Kraft und Werte vermitteln, und alle Widerstand leistenden Menschen richten.

Überall, wo Frauen kämpfen und es also Leben gibt, schafft dieser Kampf die von ihm geforderte Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit aus sich selbst heraus. Die Angriffe auf Frauen haben einen historischen Hintergrund. Die Unterdrückung des Frauenkampfes ist ein Weg, die Gesellschaft gegenüber diesem beständigen Widerstand als Geisel zu nehmen. Der Frauenkampf ist ein Kampf um das Bewusstsein und die Regierung will nicht, dass sich die herrschende Mentalität ändert.“

Die Gesellschaft erlebt einen Zerfallsprozess

Zur aktuellen Situation in der Türkei und Nordkurdistan merkt Taşdemir an: „Wenn wir uns heute dieses Land anschauen, dann ist es nicht möglich, von Verfassung, Recht, Gerechtigkeit oder Demokratie zu sprechen. Die Gesellschaft befindet sich in einem Zerfalls- und Degenerationsprozess. In Wan wurden zwei kurdische Dorfbewohner aus einem Hubschrauber geworfen und einer von ihnen ist jetzt verstorben. Wenn es ein normales oder zumindest ein minimales Justizsystem gäbe, dann käme es jetzt zu einem Aufschrei. Aber wenn wir uns dieses Land betrachten, dann wird diese Tat als Machtdemonstration genutzt und so eine Exempel an der Gesellschaft statuiert. Das zeigt, wie schwach diese Regierung aktuell ist und dass sie keinen Respekt mehr in der Bevölkerung genießt. Sie hat sowohl innen- als auch außenpolitisch jede Legitimität verloren.“