Heval Xebat: Wenn ich nochmal geboren werde

Der am Dienstag in Uelzen verstorbene Ali Yavru, bekannt als Heval Xebat, hat sein ganzes Leben dem kurdischen Befreiungskampf gewidmet. Er wurde politisch verfolgt und war jahrelang im Gefängnis. Bereut hat er seinen Lebensweg nicht.

„Wenn ich noch einmal geboren werde, möchte ich wieder als Kurde auf die Welt kommen und Teil dieses Kampfes sein.“ Das sagte Ali Yavru, der in der kurdischen Bewegung als Xebat Siverek bekannt war, vor wenigen Jahren in einem von Mehmet Zahit Ekinci für die Tageszeitung Yeni Özgür Politika geführten Interview. Er ist am Dienstag in Uelzen an einem Hirntumor verstorben. Sein Leichnam wurde am Donnerstag zur Bestattung in die Türkei überführt.

Von den Anfängen der PKK bis heute: Ein Leben in der kurdischen Bewegung

Heval Xebat ist 1955 im Dorf Mêtika in Riha-Sêwreg (tr. Urfa-Siverek) geboren. Er war verheiratet und Vater von sechs Kindern. Aufgrund von politischer Verfolgung in der Türkei kam er 1997 nach Deutschland und wurde als Asylberechtigter anerkannt. Seitdem lebte er in der niedersächsischen Kleinstadt Uelzen.

Mit dem HDP-Ehrenvorsitzenden Ertuğrul Kürkçü auf einer Veranstaltung in Deutschland

1978 lernte Heval Xebat führende Aktivisten der Apocu-Bewegung kennen, darunter Zeki Akıl, Muzaffer Ayata und Salih Kandal. Von diesem Zeitpunkt an engagierte er sich bis zu seinem Tod im kurdischen Befreiungskampf. Im Oktober 1979 wurde er denunziert und festgenommen. Er wurde einen Monat lang in Militärgarnisonen in Riha und Sêwreg verhört und gefoltert. Danach wurde er in Amed (tr. Diyarbakir) vor Gericht gestellt und verhaftet. Er kam in ein Militärgefängnis, in das später auch die PKK-Führungskader Mustafa Karasu, Mazlum Doğan und Ferhat Kurtay gebracht wurden.

Gescheiterte Befreiung von Mazlum Doğan

„Wir waren über 1200 Gefangene. Auf den Vorschlag von Mazlum und Karasu bin ich zum Gefangenenvertreter gewählt worden“, sagte Heval Xebat über diese Zeit: „Die Flucht von Mazlum Doğan aus dem Gefängnis stand auf der Agenda. Als dieser Plan scheiterte, wurden Mustafa Karasu, Mazlum Doğan, Fettah Yiğit und ich ins Militärgefängnis Nr. 1 verlegt. Bei unserer Ankunft sahen wir, dass auch Mehmet Hayri Durmuş dort war. In diesem Gefängnis war der Gründer der TKP-ML, Ibrahim Kaypakkaya, ermordet worden. Mazlum Doğan kam in die Zelle, in der Kaypakkaya ermordet wurde. Der Widerstand ging auch hier weiter, daraufhin wurden Gefangene in ein neu errichtetes Gefängnis verlegt. Heval Karasu und ich gingen in die Verwaltung und sagten, dass wir auch verlegt werden möchten. Dort waren ungefähr tausend Revolutionäre. Wir blieben bis zum Juli 1980, dann kamen wir ins Gefängnis Nr. 5.“

Bei einer Veranstaltung in Hamburg mit der PYD-Politikerin Asya Abdullah, Hungerstreik 2012

Militärputsch und „Hölle Nr. 5“

Die Bedingungen in dem später als „Hölle Nr. 5“ bekannt gewordenen Gefängnis verschlechterten sich nach dem Militärputsch vom 12. September 1980. „Vor dem Putsch gab es zum Beispiel Kontaktmöglichkeiten zwischen den Zellen. Das wurde als erstes verboten. Uns wurden mit Gewalt und gefesselten Händen die Haare und Schnurrbärte abrasiert. Mitten in der Nacht fanden Zellenrazzien statt. Es wurde alles beschlagnahmt, was wir für unseren täglichen Bedarf drinnen brauchten. Die Besuchszeiten wurden zur Folter, Besuche unserer Angehörigen waren unerwünscht. Worte reichen nicht aus, um das damalige Grauen zu beschreiben“, sagte Heval Xebat über seine ersten vier Jahre in Haft.

Pendeln zwischen Gefängnis und draußen

Im September 1984 wurde er nach Sêwreg verlegt und einen Monat später freigelassen. 45 Tage später wurde er erneut verhaftet und war weitere 19 Monate im Gefängnis. Der Prozess gegen ihn wurde fortgesetzt und die nächste Verhaftung erfolgte 1990. „Diesmal war ich sieben Monate im Gefängnis. Ich pendelte eigentlich die ganze Zeit zwischen drinnen und draußen hin und her. 1993 wurde ich verhaftet, weil ich im Vorstand der HEP in Mersin war. Nach einem Jahr Untersuchungshaft wurde ich freigelassen. Der Prozess lief weiter und ich wurde zu 15 Jahren verurteilt. Deshalb wollte ich das Land verlassen. Ich wollte dieses Grauen einfach nicht ein weiteres Mal erleben.“

Hungerstreik in Hamburg

Auch im Ausland blieb Heval Xebat nicht von Repression verschont. Seine erste Station war Bulgarien. Während seines zweijährigen Aufenthalts verbrachte er aus politischen Gründen anderthalb Monate in einem bulgarischen Gefängnis. Er trat in einen Hungerstreik und wurde daraufhin freigelassen.

Politische Verfolgung in Deutschland

Über seine Zeit in Deutschland berichtete Heval Xebat: „1997 ging ich nach Deutschland und beantragte politisches Asyl. Natürlich habe ich mich auch hier weiter an der Arbeit beteiligt. Aufgrund meiner Aktivitäten wurde ich acht Jahre lang überwacht. Zwei Jahre lang musste ich täglich eine Unterschrift abgeben. Das war jedoch nicht alles, ich war auch hier sechs Monate in Haft. An die Summe der Geldstrafen, zu denen ich verurteilt wurde, kann ich mich nicht mehr erinnern. Zuletzt habe ich eine Geldstrafe in Höhe von 14.474 Euro bekommen. Weil ich nicht gezahlt habe, kann ich nicht aus Uelzen wegziehen. Meine Kinder sind in einer anderen Stadt, aber ich darf nicht zu ihnen ziehen. Ich habe einen Sonderausweis bekommen, dass ich die Stadt nicht verlassen darf. Meine letzte Verurteilung war wegen einer Rede, die ich vor einer KCK-Fahne gehalten habe. Die Strafe wurde in eine Geldstrafe umgewandelt. Dagegen habe ich Widerspruch eingelegt. Wenn ich die Strafe zahle, wird das Urteil zum Präzedenzfall und kann nach Belieben auf alle angewendet werden. Ich würde damit meine Schuld anerkennen.“

Heval Xebat verteilt Blumen bei einer Frauendemonstration zum 8. März, Hamburg

Solange ich am Leben bin“

Heval Xebat hat sein gesamtes Leben dem kurdischen Befreiungskampf gewidmet. Das hat er niemals bereut: „Der Kampf hat meine Augen geöffnet, durch ihn bin ich ein wirklicher Mensch geworden. Ich habe Schmerz und Unterdrückung kennengelernt, aber auch Würde und Ehre. Wir sind unschuldige Menschen und immer unterdrückt worden. Wir haben uns nur gegen die Unterdrückung gewehrt und uns für menschliche Werte eingesetzt. Trotz des erlittenen Schmerzes betrachten wir die Menschen als Geschwister. Leider bringt uns niemand Geschwisterlichkeit entgegen.

Wenn ich zurückblicke, sehe nichts, was ich bereue. Ich habe mich in diesen Kampf gestürzt, als ich Mazlum Doğan, Salih Kandal, Halil Çavgun und die anderen kennengelernt habe. Wenn ich heute neu geboren werden würde, würde ich wieder Kurde und Teil dieses Kampfes sein wollen. Ich habe den Gefallenen ein Versprechen gegeben und ich halte mein Wort. Niemand sollte glauben, dass ich mich durch Druck, Folter oder Geldstrafen einschüchtern lasse. Außer meinem Volk habe ich niemanden, und ich möchte diesem Volk dienen, solange ich am Leben bin.“