Der Nationale Sicherheitsrat (MGK) des türkischen Staates tritt am Ende eines jeden Monats zusammen und bewertet die Sicherheitsprobleme. Am Ende der Sitzung wird eine sehr kurze Erklärung abgegeben. Und die wird in der Presse veröffentlicht wie ein Gesetz Gottes. Niemand diskutiert oder kritisiert sie. Seit Jahrzehnten betont der MGK seine Entschlossenheit im Krieg gegen das kurdische Volk. Er ist das wichtigste Entscheidungsgremium und den Kurd:innen feindlich gesinnt. Das Wort „Kurde“ benutzt er jedoch nie. Stattdessen erklärt er, wie effektiv er „gegen Terrorismus und Separatismus" kämpfen werde.
Die Machthaber des türkischen Staates wollen den Begriff „Kurde“ auf keinen Fall verwenden. Sie wollen nicht, dass den Menschen das Kurdentum in den Sinn kommt und sich im Bewusstsein niederschlägt. Denn ihr Hauptziel ist ein Völkermord an den Kurd:innen. Ihr grundlegendes Ziel ist es, die Kurd:innen zu ignorieren und als nicht existent zu behandeln. Aus diesem Grund wird sogar im türkischen Parlament, wenn kurdische Abgeordnete einen Satz auf Kurdisch äußern, dieser im Protokoll als „unbekannte Sprache“ vermerkt. Kurd:innen und Kurdisch dürfen in offiziellen Dokumenten nicht vorkommen. Denn ihre Rechnung beruht auf der Leugnung der Kurd:innen und ihrer Auslöschung aus der Geschichte.
Selbst als die Kurd:innen sich wehrten und die Leugnung durchbrachen, änderte sich nichts an dieser Haltung. Hat Bahçeli, der Partner der jetzigen Regierung, derjenige, der dem Krieg und der Regierung die Richtung vorgibt, jemals den Begriff „Kurde" verwendet? Er benutzt ihn nicht. Wenn er ihn verwendet, dann immer in einem schlechten Sinne, um Parteien wie die HDP anzugreifen. Wenn Erdoğan nicht weiterkommt, sagt er „meine kurdischen Geschwister". Was für eine Art von Geschwisterlichkeit ist das, wenn er sich damit brüstet, die Jugend dieser Geschwister zu töten? Verbietet oder ignoriert man die Sprache und den Willen der eigenen Geschwister? Den Kurd:innen wird sogar noch im 21. Jahrhundert das Recht auf Bildung in ihrer Muttersprache vorenthalten. Die Ergebnisse von Wahlen, an denen die Kurd:innen teilgenommen und die sie nach türkischem Recht gewonnen haben, werden ignoriert. Ihre Abgeordneten und Bürgermeister:innen werden inhaftiert und als „Separatisten und Mitglieder von Geheimorganisationen" verurteilt. Alle ihre Gemeinden werden vom Staat beschlagnahmt und es werden Treuhänder eingesetzt.
Die Lüge, dass in der Türkei alle gleich sind und Kurd:innen nicht diskriminiert werden, ist zu einer Schablone geworden. Verrückte und Intelligente, Militärs und Zivilist:innen wiederholen immer wieder denselben Refrain. Diese Lügen ändern jedoch nichts an den Fakten der Verfassung. Sie haben nicht die Macht, sie zu ändern. Die Verfassung besagt, dass alle türkischen Staatsbürger:innen Türk:innen sind. Auch Kurd:innen sind als Staatsangehörige Türk:innen. Diese Verfassungsbestimmung gilt schon seit Jahrzehnten. Haben Erdoğan und andere jemals gesagt, lasst uns diesen Artikel ändern, Verleugnung entspricht nicht dem Gesetz der Geschwisterlichkeit? Hat jemand jemals eine solche Aussage von Erdoğan gehört? Nein. Also ist das Gerede von Geschwisterlichkeit nichts als eine Lüge.
Es gibt nur eine Möglichkeit, mit den Türk:innen in der Türkei Geschwister und Gleichgestellte zu sein. Das heißt, man muss Türke sein. Kurd:innen können Geschwister sein, wenn sie akzeptieren, Türk:innen zu sein. Aber wenn sie Kurd:innen sind, können sie nur Separatisten, Terroristen und Feinde sein. Aus diesem Grund erklärt der Nationale Sicherheitsrat auf jeder Sitzung, dass er „entschlossen gegen separatistische und terroristische Aktivitäten im In- und Ausland" vorgehen wird.
Erdoğan ist 2018 in Efrîn einmarschiert. Natürlich wäre dies nicht ohne die Unterstützung und Zustimmung der internationalen Mächte möglich gewesen. Vor allem Russland stimmte Erdoğan zu und öffnete den Luftraum der Region für die Türkei. Die USA und Europa haben diesen Angriffen nur zugeschaut. Sie billigten sie. Nach der Besetzung wurde die Bevölkerung von Efrîn einer ethnischen Säuberung unterworfen. Ihr Vermögen und ihre Besitztümer wurden geplündert und geraubt. Es gibt kein Übel, das den Menschen in Efrîn nicht widerfahren wäre, kein Verbrechen gegen die Menschlichkeit wurde ausgelassen. Was hat Russland getan? Nichts. Dann hat Trump im Einvernehmen mit Erdoğan Gebiete um Serêkaniyê für die Besetzung geöffnet. Auch von dort wurden die Kurd:innen vertrieben. Kurdisches Eigentum wurde zerstört und die kurdische Bevölkerung durch dschihadistische Banden und andere Personen ersetzt. Mit der demografischen Veränderung wurden Maßnahmen ergriffen, um die Kurd:innen an der Rückkehr in ihre Heimat zu hindern. Es ist klar, dass dieser Plan ein Völkermord ist.
Erdoğan nimmt am Gipfel der arabischen und islamischen Länder teil. Er wettert gegen Israel! Irak und Syrien sind ebenfalls Mitglieder der Arabischen Liga. In beiden Ländern gibt es eine türkische Besatzung. Die Besatzung wird allmählich ausgeweitet. Der türkische Staat hat seine Angriffe nicht eingestellt. In dieser Situation hätten die arabischen Länder Stellung beziehen und Erdoğan an seiner Rede hindern müssen. Eine solche Haltung ist ausgeblieben. Darüber hinaus trifft sich Erdoğan mit irakischen und syrischen Verantwortlichen und fordert sie auf, neue Angriffe zu unterstützen und sich am Krieg gegen die Kurd:innen zu beteiligen. Wie ein Dieb versucht er, die von ihm besetzten Länder unter Druck zu setzen und sie zu Partnern in seiner Kurdenfeindschaft zu machen.
Erdoğan verkündet stolz, dass er seit 2015 mehr als dreißigtausend Kurd:innen getötet hat. „Ich habe mehr Kurden vernichtet als jede andere Regierung", sagt er. Indem er Kurd:innen und ihre Jugend tötet, knüpft er das Band der Geschwisterlichkeit! Würde jemand, der mit den Kurd:innen zusammenleben will und für Geschwisterlichkeit eintritt, Zehntausende von ihnen töten? Töten oder Versöhnung, was wäre mehr im Sinne der Geschwisterlichkeit? Solange es keine Opposition und keine demokratische Bewegung in der Türkei gibt, die sich diese Frage stellt und die Probleme ernsthaft diskutiert, wird weiterhin Blut vergossen und Milliarden von Dollar in Flugzeuge und Bomben investiert werden.
Mit seiner Unterstützung für die Hamas und seiner Positionierung gegen Israel will Erdoğan die Krisenatmosphäre ausnutzen, indem er die Tatsachen verdreht und die Wahrheit verschwimmen lässt. Sein Hauptanliegen ist es, den Krieg gegen die Kurd:innen fortzusetzen und ein Umfeld für seine Massaker zu schaffen. Mit seiner Propaganda über das Blut der Palästinenser:innen investiert er außerdem in die bevorstehenden Wahlen in der Türkei.
Der Kommentar von Zekî Bedran ist zuerst in der Zeitschrift Ronahî erschienen.