Das Osmanische Reich und sein Nachfolgestaat Türkei haben sich seit 200 Jahren darum bemüht, die demografische Struktur vom Westufer des Euphrat bis hin zum Mittelmeer ihren Interessen anzupassen. Der türkische Staat versucht in diesem Kontext, die kurdische Bevölkerung auszulöschen und Bevölkerungsgruppen aus dem Kaukasus und Zentralasien in der Region anzusiedeln.
Das Erdoğan-Regime hatte am 20. Januar seine Angriffe mit seinen Milizen, die zu einem entscheidenden Teil aus Kämpfern des IS und al-Nusra rekrutiert worden waren, begonnen. Doch schnell wurde klar, dass Efrîn nicht so leicht zu erobern sein würde, wie es propagiert wurde.
Das Erdoğan-Regime nutzte das Schweigen der internationalen Öffentlichkeit und nahm die Zivilbevölkerung ins Visier
Das türkische Militär und seine Milizen begannen die Angriffe mit einem massiven Bombardement und dem Angriff von Tausenden Milizionären und Soldaten. Aber der Widerstand gegen die zweitgrößte NATO-Armee zerstreute die Angriffskräfte. Der türkische Staat erlitt zwar eine militärische Niederlage nach der anderen, richtete daraufhin aber sein ganzes Potential auf zivile Ansiedlungen. Schon zu Beginn der Angriffe starben in Efrîn etwa einhundert Zivilist*innen, Hunderte weitere wurden verletzt.
Die Besatzungstruppen griffen zu diesem Zeitpunkt auch zu verbotenen Waffen. Die Angriffe mit Chlorgas durch das Erdoğan-Regime verhallten jedoch ohne internationales Echo und keiner forderte eine Untersuchung, geschweige denn Konsequenzen. Der türkische Staat nutzte das Schweigen Russlands, der USA, der EU und der UN und verschärfte seine Angriffe auf die Zivilbevölkerung noch weiter und tötete insgesamt mehr als 500 Zivilist*innen, unter ihnen auch viele Kinder. Die YPG und die Selbstverwaltung des Kantons entschieden, die Menschen aus Efrîn zu ihrem eigenen Schutz zu evakuieren und begannen mit der zweiten Phase des Widerstands.
Als die Türkisierungspolitik scheiterte, sollten die verschiedenen Bevölkerungsgruppen gegeneinander ausgespielt werden
Der türkische Staat und seine Milizen begannen die Region zu besetzen und Efrîn zu plündern. Die Besatzungstruppen schreckten nicht davor zurück, Menschen zu entführen und zu ermorden. Die Turkisierungspläne, wie sie in Idlib und Cerablus umgesetzt worden waren, scheiterten, denn die Bevölkerung von Efrîn hatte sich schon seit Langem einer Assimilierung verweigert. Daher versuchte der Staat, die einzelnen Bevölkerungsgruppen gegeneinander auszuspielen.
Der türkische Staat erreichte durch eine Allianz mit Russland und dem Iran eine Evakuierung der Dschihadisten aus den Städten Syriens und begann, diese in Efrîn anzusiedeln. Die Milizen aus Azaz und Rai wurden wie die eigentlichen Besitzer Efrîns behandelt. Auf diese Weise sollten die Bevölkerungsgruppen der Region gegeneinander aufgebracht werden.
Der türkische Staat führte in Antep eine Reihe von Treffen durch. Als Ergebnis dieser Zusammenkünfte wurde im März der sogenannte „Afrin-Rat“ gegründet. Dieser Rat besteht aus den Anführern der Milizen und Personen, die in direkter Verbindung mit den Milizen stehen. Der türkische Staat hat die gleiche Politik zuvor in Dêra Zor, Minbic und Hesekê versucht. In diesen Regionen sind die Pläne und die dahinterstehende Politik jedoch vollständig gescheitert. Der türkische Staat möchte in der Region sektiererische Kriege entfachen.
ANHA | ALAN ROJ