Insbesondere in der Region Idlib hat die Türkei begonnen Uighuren anzusiedeln. Die Uiguren stammen aus der Region Turkestan im Nordwesten Chinas und sprechen eine Turksprache. Türkisch selbst gehört zur alto-uigurischen Sprachgruppe. Die große Mehrheit der Uiguren ist sunnitisch, islamisch und es existiert eine starke dschihadistisch, salafistische uigurische Strömung.
Etwa 90 Prozent der etwa elf Millionen Uiguren leben in China. Die uigurische Gemeinde außerhalb Chinas lebt mit etwa 250.000 Angehörigen in Kasachstan, kleinere uigurische Minderheiten existieren in Usbekistan, Kirgisien und in der Türkei.
Die Uiguren in Syrien und die von der Türkei unterstützten nationalistischen Parteien
In Syrien treten Uiguren erst im Jahr 2011 auf den Plan. Politisch erscheint im Jahr 2014 in Syrien die Islamische Turkestan Partei (TIP) – eine uigurischer Al-Qaida-Ableger, der zuvor vor allem in China für Hunderte Massaker und blutige Anschläge in China verantwortlich zeichnete. Der Kampf der Uiguren in China ist seit langem ein wichtiges Mobilisierungsfeld des türkischen Faschismus. Die seit 2001 auf der UN-Terrorliste erfasste Mutterpartei in Turkestan sandte ab 2011 ihre Kader nach Syrien aus.
Einreise nach Syrien
Die Anwesenheit uigurischer bewaffneter Gruppen begann direkt nach der offiziellen Bekanntgabe der Anwesenheit von al-Qaida in Syrien 2011 unter dem Namen Dschabhat al-Nusra und mit der Unterstützung der Türkei, Saudi-Arabiens und Katars. Ebû Rebah von al-Nusra ließ sich, nachdem er im Krieg in Syrien verletzt worden war, in der Türkei nieder und half den uigurischen Gruppen, ihre ersten Militärstützpunkte in Syrien zu errichten. Der türkische Staat zielte darauf ab, die Teilnahme am IS und al-Nusra in Syrien zu steigern und unterstützte mit allen Mitteln die bewaffneten uigurischen Gruppen in Turkestan. Die Türkei versorgte diese Gruppen mit offiziellen Dokumenten und eröffnete Schulen, um die Scharia zu unterrichten.
Der von den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) gefangen genommene uigurische IS-Kämpfer Osman Ismet machte gegenüber ANHA umfassende Aussagen darüber, wie sie vom türkischen Staat unterstützt worden seien und nach Syrien geschickt wurden. (https://anfdeutsch.com/hintergrund/tuerkei-bringt-uighurische-tuerken-zum-is-1429)
Nachdem China die Türkei beschuldigte, Uiguren mit offiziellen Dokumenten zu versorgen und nach Syrien zu schicken, wurde aus Regierungsberichten deutlich, dass die Anzahl der aus der Türkei nach Syrien eingereisten IS-Kämpfer und ihrer Familien zugenommen hatte. Die türkische Presse berichtete daraufhin breit über die Unterdrückung der Uiguren in China und brachte immer wieder Aussagen, dass es besser sei, die Uiguren nach Syrien zu schicken, als sie der chinesischen Unterdrückung auszusetzen.
Christen und Drusen in Idlib zur Ansiedlung von Uiguren vertrieben oder ermordet
Die drusische Bevölkerung gehörte mit ihren 18 Dörfern am Semaq-Berg zur ursprünglichen Bevölkerung der Region Idlib. Die christliche Bevölkerung von Idlib lebte in den Dörfern und Gemeinen wie al-Xesaniye und al-Yeqûbiyê. Insbesondere die drusische Bevölkerung wurde von Anfang an von sich selbst als FSA bezeichnenden Kräften vor die Wahl gestellt, entweder zum Islam zu konvertieren oder enthauptet zu werden. Aufgrund dieser Drohungen verließ die Mehrheit der drusischen Bevölkerung die Region. Als der IS die Region 2014 besetzte wurde Seîd al-Xamdi aus Saudi-Arabien damit beauftragt, die drusische Bevölkerung dazu zu zwingen, nach der Scharia zu leben. Er wurde bevollmächtigt diejenigen, die sich weigerten, zu köpfen.
Nach dem IS kamen al-Nusra und die Islamische Turkestan Partei (TIP) in die Region. Sie setzten die gleiche Praxis fort. Al-Nusra und TIP zwangen der christlichen und drusischen Bevölkerung den Islam auf und verschleppten Zehn- bis 14-Jährige in Umerziehungslager. Diejenigen, die diese Praxis nicht akzeptierten, wurden massakriert. Im Dorf Qelib Loze wurden etwa 40 Bewohner von den Milizen ermordet, weil sie die Zwangskonvertierungen verweigerten, die anderen Dorfbewohner wurden vertrieben.
Die Türkei schafft in Idlib eine uigurische Besatzung
Mit der Repression gegen die am Semaq-Berg und in Dörfern bei Idlib lebenden verschiedenen Ethnien und Religionsgemeinschaften nahm die Ankunft von uigurischen Türken in der Region weiter zu. Gleichzeitig begann die Stationierung bewaffneter Gruppen in der Şehba-Region. Der Kommandant der Türkischen Islam-Bataillone Ebû Rida El-Tirkistanî rief die uigurische Bevölkerung in Turkestan dazu auf, nach Syrien zu kommen, um gegen die Alawiten zu kämpfen.
Die Zahl der aus China nach Syrien eingereisten uigurischen Türken hatte in den Jahren 2013-2014 20.000 erreicht. Die Mehrheit dieser Bevölkerung wurde in einem etwa einhundert Kilometer großen Gebiet zwischen Idlib und Iskenderun angesiedelt. Es heißt, dass die Zahl der Uiguren weiter zugenommen habe, aber keine belastbaren Zahlen vorlägen. Außerdem wurden andere turksprachige Gruppen, Usbeken, Turkmenen und Aserbeidschaner, gemeinsam mit den Uiguren in der Region angesiedelt. In der Gemeinde Derkoş in Idlib wurden für die Kinder dieser Gruppen Bildungszentren eröffnet.
Die Türkei steigert ihre Präsenz in Syrien
Wenn wir uns den dritten Teil dieses Dossiers ansehen, dann können wir gut erkennen, dass die Türkei seit Jahren in Syrien eine Politik des demografischen Designs durchführt – sie vertreibt, assimiliert, vernichtet regionale Kulturen und siedelt auf syrischem Territorium türkische oder turksprachige Bevölkerungsgruppen an. Die aktuelle Politik in Efrîn ist damit kein Novum, sondern eine Dimension im Kontext einer langanhaltenden Besatzungspolitik.
Die meisten Milizen und ihre Angehörigen, die von der Türkei nach Syrien gebracht werden, eint der Glaube „Türken“ zu sein. Nach dieser Auffassung sind alle turksprachigen Völker Türken und Brüder. Diese Idee entspringt dem rassistischen Konzept des Turanismus. Erdoğan benutzt dieses Konzept für die Besatzung der Region.
Nach Aussagen des Forschungsinstituts für den Mittleren Osten in Beirut stützt die Türkei ihre Besatzung eines Teils von Syrien auf uigurische Bevölkerungsgruppen, die sie selbst nach Syrien gebracht hat. Nach Meinung des Zentrums zielt die Türkei darauf ab, sich unter dem Vorwand des „Schutzes des türkischen Volks“ noch stärker auf die Region auszurichten und die demografische Struktur aktiv zu verändern.
Im vierten Teil des Dossiers wird es um die aktuelle Politik des türkischen Staats in Efrîn gehen.
ANHA