Zum 8. März: Die Geschichte von Çiçek Dolê

Çiçek Dolê hat als YPJ-Mitglied in Kobanê gegen den IS gekämpft. Am 8. März 2015 wurde sie verletzt und verlor einen Arm. Jetzt ist sie mit einer Kamera und ihrer Waffe an den Fronten in Efrîn unterwegs, um über den Widerstand zu berichten.

Nirgendwo ist die Bedeutung des internationalen Frauenkampftages 8. März greifbarer als in Efrîn. Für Çiçek Dolê hat der 8. März jedoch eine sehr eigene Bedeutung. Die YPJ-Kämpferin nahm am Kampf um Kobanê teil. Nachdem die Stadt bereits befreit war, ging der Kampf in den Dörfern weiter. Çiçek Dolê wurde am 8. März 2015 schwer verletzt und verlor einen Arm.

Nach einer medizinischen Behandlung begann sie im YPJ-Pressezentrum zu arbeiten. Als Berichterstatterin nahm sie an mehreren Offensiven teil und dokumentierte mit ihrer Kamera die Menschen, die von der IS-Herrschaft befreit wurden. Die ganze Welt sah die Aufnahmen der Frauen in Minbic, die nach der Befreiung ihre Schleier verbrannten. Çiçek Dolê und ihre Kolleg*innen waren auch dabei, als in Taqba die IS-Fahnen endgültig abgenommen wurden.

Ihre Arbeit im YPJ-Pressezentrum betrachtet sie als Teil des Kampfes. „Ich versuche mit meiner Kamera Schritt für Schritt die befreiende Kraft der YPJ zu zeigen“, sagt sie.

Jetzt berichtet sie von den verschiedenen Fronten im Kanton Efrîn. Dabei ist sie nicht allein. Es gibt knapp zehn Mitarbeiterinnen des YPJ-Pressezentrums in Efrîn.

 

Lieber als ihre eigene Geschichte erzählt Çiçek die Geschichte der YPJ. Sie beginnt ihre Erzählung mit dem 4. April 2013, dem Gründungsdatum der Frauenverteidigungseinheiten. „Zu Beginn der Revolution in Rojava entstanden die YPJ als eine kleine Gruppe. Die Organisierung der Frauenverteidigung war eines der Standbeine der Revolution. Mit der Zeit wurden die YPJ immer größer und organisierten sich in immer mehr Gebieten. Von Anfang an bis heute finden ständige Kämpfe statt.“

Zu Beginn hätten die YPJ wenig Erfahrung gehabt, erzählt Çiçek weiter. Sie seien jedoch nach der Philosophie Abdullah Öcalans gegründet worden und hätten ihre Stärke daraus bezogen. „Mit der Zeit haben wir uns sowohl quantitativ als auch technisch weiterentwickelt.“

Das stetige Wachstum der YPJ habe für die Frauen in Rojava eine Veränderung eingeleitet, fährt Çiçek fort. „Nach einer Weile begannen die Frauen die YPJ als eine Einrichtung zu betrachten, die ihnen Luft verschaffte. Die Frauen in den Gebieten, die wir befreiten, fanden Ruhe. Die YPJ vermittelten den Frauen in der Gesellschaft ein Bewusstsein von Freiheit. Sie wurden zum Symbol der Verwirklichung des Traums von Freiheit. Die im Alltagsleben unterdrückten Frauen organisierten sich, arbeiteten und produzierten in dem Wissen, dass die YPJ hinter ihnen stehen. Dieses Wissen hat ihnen Kraft gegeben. Auf der anderen Seite wurden die YPJ immer stärker, weil sie gegen schwerste Angriffe kämpfen und bestehen mussten.“

Auch im Widerstand von Efrîn spielten die YPJ überall eine Vorreiterrolle. „Das hier ist kein normaler Krieg. Der türkische Staat und seine Milizen greifen mit allen Techniken an. Die YPJ entwickeln Taktiken gegen diese Angriffe und kämpfen an allen Fronten. Heval Avesta Xabur wurde zum Symbol des Widerstands von Efrîn. Ihr Heldenmut zeigt, welches Niveau die YPJ erreicht haben.“

Die YPJ seien nicht nur für Kurdinnen oder Frauen aus dem Mittleren Osten eine Organisationsform, sondern nähmen immer universellere Züge an, sagt Çiçek.

Gegen Ende unseres Gesprächs richtet sie einen Aufruf an alle Frauen dieser Welt: „Alle Frauen sollten sich mit dem Widerstand der YPJ gegen die patriarchalen Besatzungsangriffe solidarisieren. Nur als Einheit können wir diese Angriffe stoppen. Zum 8. März grüße ich alle kämpfenden Frauen.“