Die Frauenverteidigungseinheiten YPJ spielen eine wichtige Rolle im Frauenbefreiungskampf. Gegründet im Kampf gegen den „IS“ führen sie aktuell den Widerstand am Tişrîn-Damm an. Doch die YPJ sind mehr als eine rein militärische Organisation.
Die Frauenverteidigungseinheiten (YPJ), die eine Schlüsselrolle im Kampf für Frauenfreiheit und Geschlechtergerechtigkeit spielen, setzen ihren Widerstand in Nord- und Ostsyrien entschlossen fort. Mit einem demokratischen, ökologischen und frauenbefreienden Paradigma stehen sie nicht nur an der Front im Kampf gegen Unterdrückung und Gewalt, sondern tragen auch aktiv zur Gestaltung einer gerechteren Gesellschaft bei. Der aktuelle Widerstand am Tişrîn-Staudamm ist ein weiteres Beispiel für ihren unermüdlichen Einsatz.
Der „Arabische Frühling“
Am 17. Dezember 2010 löste die Selbstverbrennung des tunesischen Straßenhändlers Mohamed Bouazizi eine Welle von Protesten aus, die als „Arabischer Frühling“ in die Geschichte einging. Die Forderungen nach Demokratie, Freiheit und sozialer Gerechtigkeit breiteten sich rasch auf Länder wie Ägypten, Jemen und Syrien aus. In Syrien begannen die Proteste am 15. März 2011 in der Stadt Daraa und entwickelten sich zu einem landesweiten Aufstand gegen das autoritäre Assad-Regime.
Der dritte Weg: „Frühling der Völker“
Die kurdische Bevölkerung in Syrien verfolgte die Proteste zunächst mit Vorsicht und entschied sich für einen alternativen Weg. Die Partei der demokratischen Union (PYD) und die Frauenorganisation Kongra Star entwickelten das Konzept des „Frühlings der Völker“, das nicht nur die Rechte der Kurd:innenen, sondern die Gleichberechtigung aller ethnischen und religiösen Gruppen in Syrien in den Mittelpunkt stellte. Dieses Konzept wurde zur Grundlage für den Aufbau einer neuen, demokratischen Gesellschaftsordnung in Nord- und Ostsyrien.
Die ersten Frauenbataillone und die Gründung der YPJ
Im Jahr 2011 wurden die Volksverteidigungseinheiten (YPG) gegründet, um die Selbstverteidigung der Bevölkerung zu gewährleisten. Frauen spielten von Beginn an eine aktive Rolle und gründeten 2013 die ersten rein weiblichen Bataillone. Am 13. Februar 2013 wurde in Cindirêsê das „Şehîd Rûken“-Bataillon gegründet, gefolgt von weiteren Gründungen wie dem „Şehîd Zozan“-Bataillon in Dêrik und dem „Şehîd Dîcle“-Bataillon in Kobanê.
Die offizielle Gründung der Frauenverteidigungseinheiten (YPJ) erfolgte am 4. April 2013, dem Geburtstag von Abdullah Öcalan. Die YPJ definieren sich nicht nur als militärische Verteidigungsorganisation, sondern auch als Symbol für die Befreiung der Frauen und den Aufbau einer geschlechtergerechten Gesellschaft. Ihre Ziele umfassen die Förderung von Gleichberechtigung, die Verteidigung der Menschenrechte und den Widerstand gegen patriarchale Strukturen.
Widerstand gegen patriarchale Strukturen und „IS“
Die YPJ haben sich von Beginn an gegen patriarchale Strukturen und traditionelle Geschlechterrollen gestellt. Sie sehen die Bildung einer Frauenarmee nicht nur als militärischen Schritt, sondern als gesellschaftlichen Wandel, der Frauen ermutigt, ihr eigenes Potenzial zu entdecken und eine aktive Rolle in der Gesellschaft einzunehmen.
Der erste große militärische Einsatz der YPJ war der Widerstand gegen den selbsternannten Islamischen Staat („IS“) in Serêkaniyê. Die YPJ kämpften mit großem Erfolg und wurden zu einem Symbol des Widerstands gegen die Gewalt des „IS“. Sie spielten auch eine entscheidende Rolle bei der Befreiung von Şengal, wo hunderte ezidische Frauen aus der Gefangenschaft des „IS“ gerettet wurden. Weitere Meilensteine waren die Befreiung von Kobanê 2015, die Befreiung von Raqqa 2017 und schließlich der militärische Sieg in Baghuz 2019, der den „IS“ endgültig besiegte.
Die Rolle der YPJ im gesellschaftlichen Wandel
Die YPJ sind nicht nur eine militärische Einheit, sondern auch ein Symbol für gesellschaftlichen Wandel. Sie haben Frauen in ganz Syrien inspiriert, ihre Rechte einzufordern und aktiv an der Gestaltung ihrer Gesellschaft mitzuwirken. Die Gründung von Frauenorganisationen in assyrischen, armenischen und syrischen Gemeinschaften ist ein Beispiel für die weitreichende Wirkung der YPJ. Ihre Bemühungen, Geschlechtergerechtigkeit und Demokratie zu fördern, haben dazu beigetragen, eine neue Gesellschaftsordnung in Nord- und Ostsyrien aufzubauen.
Aktueller Kampf: Verteidigung des Tişrîn-Staudamms
Seit Dezember 2024 verteidigen die YPJ den Tişrîn-Staudamm und die Qereqozax-Brücke gegen Angriffe der türkischen Armee. Dieser Widerstand zeigt erneut den Mut und die Entschlossenheit der YPJ, nicht nur ihr Land, sondern auch kulturelle Vielfalt und Freiheit zu schützen. Die YPJ-Kämpferinnen setzen sich weiterhin mit großer Hingabe für die Verteidigung der Region und die Freiheit ihrer Gemeinschaft ein.
Die YPJ stehen wie bisher an vorderster Front im Kampf für Freiheit, Würde und Gleichberechtigung. Sie sind ein Vorbild für Frauen weltweit und ein Beweis dafür, dass gesellschaftlicher Wandel durch den Einsatz und die Stärke von Frauen möglich ist.
