Generalkommandantin der YPJ
In der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien, deren Kernaspekt die Frauenrevolution bildet, wird aus der Perspektive der Frauen eine gesellschaftliche Alternative zu Kapitalismus und Patriarchat gelebt. Diese Entwicklung ist nicht unabhängig vom Erbe weltweiter Frauenkämpfe für Frieden und Freiheit und macht sich auch im Credo der Frauenverteidigungseinheiten YPJ bemerkbar, das lautet „Unser Kampf ist ein universeller Kampf.”
Schlüssel für Lösungen liegt im Bündnis der Frauen
Die YPJ-Generalkommandantin Rohilat Efrîn reflektierte im Gespräch mit ANF das zurückliegende Jahr und erklärte, dass es der YPJ auch 2024 gelungen sei, Frauen weltweit zu erreichen und ihre Botschaft zu verbreiten. „Der Schlüssel für die Geschwisterlichkeit der Völker liegt in einem Bündnis unter den Frauen“, sagte Efrîn und betonte, dass die YPJ nicht nur die Stimme der kurdischen Frauen sondern von Frauen weltweit sei. „Wir beweisen eine Befreiungsperspektive, die von Frauen weltweit aufgegriffen wird. Das wurde auch auf zahlreichen Konferenzen und Treffen deutlich, die im zurückliegenden Jahr stattfanden, um Frauen in der Region und weltweit die Notwendigkeit gemeinsamer Organisation angesichts der zunehmenden Angriffe zu vermitteln.“
Sicherheit nur durch Selbstorganisation
2024 zeigte laut Efrîn deutlich, dass Frauen ihre Sicherheit nur durch Selbstorganisation und Selbstverteidigung gewährleisten können – „insbesondere in einem globalen Konflikt, den wir als Dritten Weltkrieg bezeichnen“. Die Welt sei beherrscht vom verdeckt geführten Krieg der kapitalistischen Moderne gegen die Frauen und Gesellschaften und all den Folgen, die sich daraus für sie ergeben. „Die YPJ begreifen es daher als ihre Mission, Frauen auf ideologischer, organisatorischer und militärischer Ebene zu unterstützen. In diesem Rahmen war unsere Konferenz äußerst wichtig. Frauen aus unterschiedlichen Ländern kamen zusammen und äußerten ihre Anliegen und Botschaften, darunter Frauen aus Afghanistan und dem Iran.“
IS reorganisiert sich
Efrîn wies mit Blick auf die zahlreichen YPJ-Operationen in Nord- und Ostsyrien darauf hin, dass die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) das Jahr 2025 als „Jahr der Wiederbelebung“ plane: „Auch wenn der IS mit der Befreiung von Baghuz territorial besiegt wurde, versucht er nun, sich in einer neuen Form zu reorganisieren. Wir beobachten in verschiedenen Städten, dass der IS versucht, wieder an Boden zu gewinnen und die Bevölkerung bedroht. Er könnte auch international wieder häufiger zuschlagen.“
Selbstverwaltung ist die einzige Lösung für Syrien
Zur Lage in Syrien nach dem Sturz des Assad-Regimes sagte Rohilat Efrîn, die einzige Lösung für das Land biete das Modell einer demokratischen Nation. Dieses Prinzip ist die Verneinung der Homogenisierung von Ethnien, Kulturen und Religionen. Es vertritt die Mentalität, dass die Akzeptanz der Vielfalt von Identität und Kultur der einzige Weg ist, nationale Probleme zu lösen. Dieses Verständnis der Nation beruht also nicht nur auf einer Sprache, einer Ethnie, einer Klasse oder einem Staat. Es beruht auf der Vielfalt von Sprachen und Kulturen und auf freien und gleichberechtigten Individuen in einer demokratischen Gesellschaft.
Rückzug fremder Mächte aus Syrien
Efrîn betonte, dass die Autonomieverwaltung in Nord- und Ostsyrien seit 2011 ein universelles demokratisches Modell schaffe, das allen Völkern und Kulturen eine Stimme gebe. Sie forderte den Rückzug der Türkei aus Syrien und erklärte, dass die Interessen von fremden Mächten einen Friedensschluss sowie eine dauerhafte Lösung für das Land behinderten. „Nur wenn sich das syrische Volk selbst regiert und die Besatzung endet, kann ein einheitliches und demokratisches Syrien entstehen.“
Der Widerstand am Tişrîn-Damm bestimmt die Zukunft
Abschließend hob Efrîn hervor, dass der Widerstand gegen die türkische Armee und deren Proxytruppe SNA am Tişrîn-Damm und in Qereqozax symbolisch für die Verteidigung der gesamten Region stehe: „Der Kampf dort richtet sich nicht nur gegen die Besetzung eines Staudamms, sondern verteidigt die gesamte Menschheit und alle Frauen. Dieser Widerstand wird weiterhin ein Vorbild für den Freiheitskampf weltweit sein und auch eine entscheidende Rolle für die künftige Ausrichtung unseres Kampfes spielen.“ Sie würdigte die Kämpferinnen und Kämpfer der YPJ, der YPG (Volksverteidigungseinheiten) und aller anderen Verbände der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD), die an den Fronten derzeit „selbstlos großen Widerstand“ leisten. „In ihren Herzen tragen sie die Entschlossenheit, die mit dem Blut tausender Gefallener erkämpften Errungenschaften zu verteidigen. Niemand kann sie von diesem unbeugsamen Willen abbringen.“