„Wir werden Nûjiyan nie vergessen!“

Die kurdische Journalistin Nûjiyan wurde am 3. März 2017 von Kräften der südkurdischen PDK tödlich verletzt. Sie hatte recherchiert, wie PDK-Peschmerga am 3. August 2014 aus Şengal abzogen und die ezidische Bevölkerung dem IS überließen.

Die kurdische Journalistin Nûjiyan Erhan verstarb vor zwei Jahren. Sie wurde Opfer eines Mordanschlags. Die sogenannte Roj-Peschmerga, die an Mesûd Barzanîs Demokratische Partei Kurdistans (PDK) angebunden sind, hatten die Journalistin ins Visier genommen. Das Attentat auf die Journalistin fand während eines Angriffs der Roj-Peschmerga auf die ezidischen Selbstverteidigungskräfte in Xanesor bei Şengal statt. Den Befehl für diesen Angriff hatte der türkische Staat erteilt.

Ihre Kollegin Sara Xwînda hat gemeinsam mit Nûjiyan gearbeitet. Sie berichtet, Nûjiyan sei gezielt bei der Ausübung ihres Berufes von den Milizen der PDK erschossen worden.

Xwînda erzählt von ihrer gemeinsamen Reise in den Zagros-Bergen: „Wir reisten dort zusammen bis zum Fluss Avaşin. Obwohl wir uns dort zum ersten Mal kennenlernten, war unsere Begegnung tiefgreifend. Sie war in die Zagros-Region gekommen, um eine Dokumentation über Sakine Cansız zu drehen.“

Vom Zagros in den Şengal

Nach ihrer Begegnung im Zagros treffen sich die beiden erneut im Şengal wieder: „Als wir in Şengal arbeiteten, traf ich Nûjiyan erneut. Sie war 2015 ins Şengal-Gebiet gekommen. Sie konnte als Frau nicht akzeptieren, was während des Şengal-Massakers hier vonstattenging. Sie war unglaublich wütend auf diejenigen, die das Massaker begangen hatte. Sie wollte die vollständige Wahrheit hinter den Geschehnissen im Şengalgebiet ans Tageslicht bringen und arbeitete mit großer Entschlossenheit und Engagement daran. Nûjiyan hatte einen starken Drang zur Freiheit. In ihrer Verbundenheit zur Freiheit ist sie in der Gesellschaft und dem Land aufgegangen. Mit diesen Eigenschaften gewann sie sowohl die Liebe der Kämpferinnen und Kämpfer als auch der Bevölkerung.“

Sie arbeitete Tag und Nacht

Xwînda berichtet weiter: „Sie wollte mit ihren Texte und ihrer Recherche Rache für die Frauen aus Şengal nehmen. Und sie machte das nicht vom Schreibtisch aus. Sie war oft an den Orten, an denen die gefährlichsten Kämpfe stattfanden und dokumentierte die Freiheitskämpfer*innen, die Realität des Krieges und brachte sie Tag für Tag an die Öffentlichkeit. In Şengal arbeitete sie ohne Zurückhaltung und ohne sich einschüchtern zu lassen Tag und Nacht. Sie arbeitete, ohne viel zu schlafen oder sich auszuruhen. Sie wollte unbedingt die Wahrheit ans Licht zu bringen.

Şengal ist sowohl in der Hitze- als auch in der Kältezeit sehr trocken. Der Winter ist sehr hart und die Kälte schneidend wie ein Messer. Im Sommer hingegen ist es glühend heiß. Es gibt praktisch nur den Sommer oder den Winter. Es war im Winter. Das Wetter war so kalt, dass die Kälte uns in die Knochen drang und wir zitterten. Nûjiyan befand sich in einem Nylon-Zelt. Trotz aller Probleme war sie der Freiheit so stark verbunden, dass die Bedingungen sie nicht beeinträchtigten. Sie arbeitete ohne Unterlass. Sie war ein unglaublich lebendiger, sehr schöner Mensch. Sie war aufrecht, fleißig und ihren Zielen verbunden. Sie war uns immer ein Vorbild.“

Sie wurde gezielt angegriffen

Zu der Ermordung ihrer Kollegin Nûjiyan Erhan berichtet Xwînda folgendes: „Sie war eine der ersten Journalistinnen, welche die Wahrheit über die PDK beim Massaker vom 3. August enthüllte. Aufgrund ihrer mutigen Haltung hat die PDK die Journalistin permanent im Visier gehabt. Die AKP und die PDK haben gemeinsam am 3. März in Xanesor ein Massaker verübt und dort insbesondere Journalist*innen und unter ihnen vor allem die Frauen angegriffen. Das Attentat auf Nûjiyan war kein Zufall, sie wurde gezielt angegriffen. Sie haben Nûjiyan Erhan, weil sie die Wahrheit ans Licht brachte, direkt ins Visier genommen.“

Sara Xwînda schließt mit den Worten: „Wir werden Nûjiyan nie vergessen. Wir haben als Journalistinnen nach ihrer Ermordung noch mehr Anstrengungen unternommen, um die Wahrheit ans Licht zu bringen. Wir werden unseren Kampf für die Wahrheit immer weiterführen.“