Widrige Zustände im Frauengefängnis von Tarsus

Şükran Aydoğan hat acht Monate im Frauengefängnis von Tarsus verbracht. Sie berichtet von Maßnahmen im Gefängnis, die darauf abzielen, den Willen der Insassinnen zu brechen.

Şükran Aydoğan (27) saß 2017 acht Monate lang im Frauengefängnis von Tarsus, weil ihr unter anderem „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation" vorgeworfen wurde. Im selben Gefängnis war auch ihre jüngere Schwester eingesperrt. Merve Aydoğan war im Jahr 2016 mit demselben Vorwurf festgenommen worden.

Şükran Aydoğan berichtet, dass sie unter äußerst widrigen Haftbedingungen ausharren mussten. Zunächst sei sie mehrere Wochen in einer Art „Gästeraum" festgehalten worden. Dieser Raum sei völlig verschmutzt gewesen. „Wir forderten Putzmittel, doch erhielten nichts. Sie wollten, dass wir in diesem Dreck leben", erklärt Şükran Aydoğan.

Nach langem Protest seien ihnen dann im „Gästeraum" Putzmittel zur Verfügung gestellt worden. „Doch diese hatten eine äußerst aggressive chemische Zusammensetzung. Viele Freundinnen in der Zelle hatten wegen den Putzmitteln später Probleme beim Atmen. Wir mussten für die Mittel außerdem einen viel höheren Preis als in den Geschäften draußen zahlen", so Aydoğan weiter.

 

Psychologische Folter und drakonische Strafen

In dem Gefängnis habe man versucht, durch psychologische Folter den Willen der Gefangenen zu brechen. So sei beispielsweise in die Duschen verdrecktes, matschiges Wasser geleitet worden. Den Gefangenen sei oftmals auch die fünf Liter Wasser, die ihnen zum Waschen zustanden, verwehrt worden.

Gegen die Umstände im Gefängnis sei Widerstand geleistet worden, berichtet Aydoğan. So akzeptierten die Frauen nicht, dass sie von den Wärterinnen nackt durchsucht werden sollten. „Aufgrund unseres Protestes sind viele Frauen in Einzelhaft gesteckt worden, darunter auch eine 70-Jährige. Die Haftentlassungstermine für andere Gefangene wurden nach hinten geschoben. Und meine Schwester, die unter Zöliakie litt, erhielt nicht die Nahrung, die sie vertrug. Sie verlor Gewicht und wog am Ende nur noch 38 Kilogramm", berichtet die mittlerweile wieder in Freiheit lebende Aydoğan.

Beide Schwestern hatten vor ihren Festnahmen gemeinsam in Adana-Ceyhan eine Näherei eröffnet. Hier konnten weitere Frauen ihre eigenen Näharbeiten ebenso zum Verkauf anbieten. Dadurch eröffnete sich vielen Frauen nicht nur eine Einkommensmöglichkeit, auch die Solidarität unter den Frauen in Ceyhan erstarkte. Mit den Festnahmen der beiden Schwestern kam diese Arbeit allerdings zum Erliegen.