Vergewaltigungsdrohung gegen TJA-Aktivistin

Nach dem tödlichen Anschlag auf den Chef eines AKP-treuen Dorfschützerverbands veranstaltet das türkische Innenministerium eine Desinformationskampagne und lässt die polizeiliche Repression gegen die HDP kanalisieren.

Nach dem tödlichen Anschlag auf den Führer des AKP-treuen Stammes- und Dorfschützerverbands der Memanî in Cizîr Anfang Dezember wurden in der nordkurdischen Provinz Şirnex 32 Personen aus dem Umfeld der HDP festgenommen. Antreiber der breit angelegten Polizeiaktion ist der türkische Innenminister Süleyman Soylu, der die HDP für das Attentat verantwortlich macht und mit einer im Parlament in Szene gesetzten Desinformations- und Diffamierungskampagne zum wiederholten Mal die staatliche Repression gezielt gegen die demokratische Opposition kanalisiert. Mittlerweile sind achtzehn Haftbefehle im Zusammenhang mit dem Anschlag erteilt worden. Eine der Betroffenen ist die kurdische Aktivistin Sümeyye Gök aus dem Kreis Silopîya. Gök, die sich bei der Bewegung freier Frauen (TJA) engagiert, wurde am 8. Dezember festgenommen. Nach einer Woche in Gewahrsam der Polizei in Şirnex wurde sie am Mittwoch verhaftet. Wie Rechtsanwalt Haşim Toğurlu nun öffentlich macht, ist seine Mandantin in Polizeihaft gefoltert worden.

„Sümeyye Gök wurde von der Polizei sowohl körperlich als auch psychisch misshandelt. Man hat sie geschlagen, einer gewaltsamen Nacktdurchsuchung unterzogen und sie unter massiven Druck gesetzt, um sie zur Spitzeltätigkeit zu drängen. Ihr wurde gedroht, ‚hinter Gefängnismauern oder unter der Erde‘ zu landen, sollte sie sich den Forderungen widersetzen. Dass sie sich gegen die Leibesvisitation zur Wehr setzte, wurde gesondert protokollarisch erfasst. Vermutlich wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet“, sagte Haşim Toğurlu am Freitag. Männliche Beamte hätten gesagt: „Wenn du dich gegen die Nacktdursuchung wehrst, kommen wir mit unseren weiblichen Kolleginnen zurück. Sie werden dich dann besteigen.“

Grundprinzip der Unschuldsvermutung ausgehebelt

Weiter teilte der Jurist mit: „Das Grundprinzip der Unschuldsvermutung wird hier vollkommen ausgehebelt. Meine Mandantin und wird behandelt, als sei sie eine kaltblütige Mörderin. Während der Fahrt zum Gericht und später ins Gefängnis musste sie sogar eine kugelsichere Weste tragen.“ Toğurlu ist entsetzt. Der „unmenschliche“ Umgang mit Gök setze sich zu allem Überfluss auch im Gefängnis fort. „Nach der gerichtlich angeordneten Überstellung an die Haftanstalt wurde Sümeyye Gök vom Gefängnispersonal in die Mangel genommen. Auch hier versuchte sie sich gegen eine Nacktdurchsuchung zu wehren. Vier Beamtinnen des Vollzugspersonals schlugen auf ihren Nackenbereich ein und rissen ihr büschelweise Haare aus. Die Sicherheitsbehörden sprechen von der Existenz einer mysteriösen Sprachnachricht an den getöteten Tahir Güven und wollen die Ermittlungsakte offenbar dahingehend manipulieren, als sei Sümeyye Gök die Verfasserin und Absenderin. Als Verteidigung haben wir beantragt, die Sprachnachricht anzuhören. Diese Forderung wird uns kategorisch verweigert“, führte Toğurlu aus.

Bunkerhaft in Einzelzelle

Aktuell werde Sümeyye Gök in einer Einzelzelle in Bunkerhaft gehalten, erklärte der Rechtsanwalt. Die Gefängnisleitung weist derweil die von seiner Mandantin erhobenen Vorwürfe über eine schlechte Behandlung entschieden von sich. „Wir haben bei der zuständigen Staatsanwaltschaft mehrere Strafanzeigen gegen alle verantwortlichen Beamten der Polizei gestellt. Es geht um Nacktdurchsuchungen, von Sümeyye Gök angefertigte Videoaufnahmen mit auf dem Rücken gefesselten Händen, Drohungen und Beleidigungen.“

Zu dem Anschlag auf Tahir Güven hatten sich die zivilen Verteidigungseinheiten YPS bekannt.