Politische Gefangene Nurcan Bakır in Mêrdîn beerdigt

Die politische Gefangene Nurcan Bakır ist an ihrem Geburtsort in der nordkurdischen Provinz Mêrdîn bestattet worden. Sie hatte sich gestern in einem türkischen Gefängnis nach 28 Jahren Haft aus Protest gegen die Haftbedingungen das Leben genommen.

Nurcan Bakır war 28 Jahre lang als politische Gefangene in türkischer Haft. Gestern nahm sie sich aus Protest gegen die Haftbedingungen im Gefängnis in Balıkesir-Burhaniye das Leben. Heute wurde sie an ihrem Geburtsort Heciya (Sulakdere) in Omerya (Ömerli, Provinz Mêrdîn/Mardin) beerdigt.

Der Sarg wurde begleitet von einem Konvoi zum Friedhof gebracht. Am Ortseingang der Kreisstadt Omerya wurde die Kolonne von der Polizei gestoppt. Die Fahrzeuge wurden durchsucht und die Trauernden kontrolliert. Bei der Einfahrt nach Heciya hielt die Militärpolizei den Konvoi erneut an. Alle Mitfahrenden mussten aussteigen und die Autos wurden mit Hunden durchsucht. Ein Militärpolizist fragte einen Trauergast: „Bist du zur Beerdigung des Kadavers gekommen?“

Im Dorf wurde der Konvoi von der Bevölkerung empfangen. Der Sarg wurde von Frauen geschultert und zum Friedhof getragen. Die Frauen riefen dabei: „Bijî berxwedan a jina" – Es lebe der Frauenwiderstand.

Auf dem Friedhof sagte die HDP-Politikerin Perihan Ağaoğlu in einer Ansprache: „Nurcan ist heute an den Ort zurückgekehrt, an dem sie geboren wurde und dem ihre Sehnsucht galt. Wir alle wissen von der Unterdrückung des kurdischen Volkes in der Türkei und im Mittleren Osten. Den Kurden wird kein Lebensraum zugestanden. Weder ihre Identität und ihre Sprache noch ihr Menschsein werden anerkannt. Als Frauen halten wir den Kopf aufrecht. Nurcan hat sich sehr jung dem Kampf angeschlossen. Das Gedenken an sie weist uns den Weg. Wir werden uns dem von ihr hinterlassenen Erbe annehmen und ihren Weg fortsetzen."

Nurcan Bakır war nach dem Massenhungerstreik im vergangenen Jahr gegen ihren Willen vom Frauengefängnis in Gebze nach Burhaniye verlegt worden. Die 47-jährige politische Gefangene hatte noch zwei Jahre bis zu ihrer Entlassung vor sich. Wegen einer schweren Erkrankung hatte sie sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gewandt. Am Dienstag hatte sie in einem Gespräch mit Angehörigen erklärt, dass sie „nicht gegenüber der Unterdrückung schweigen“ werde und jede Nacht in ihren Träumen ermordete Kinder sehe.