Die kurdische Frauenpartei PAJK (Partiya Azadiya Jinên Kurdistanê) hat zum Jahrestag der Morde von Paris am 9. Januar 2013 eine Erklärung veröffentlicht. Darin heißt es: „Vor neun Jahren sind die legendäre Vorreiterin des Widerstands und Mitgründerin unserer Partei PKK, Sakine Cansız (Sara), und die Militanten der Frauenfreiheitsbewegung, Fidan Doğan (Rojbîn) und Leyla Şaylemez (Ronahî), gefallen. Anlässlich des neunten Jahrestags ihres Todes gedenken wir ihrer voller Sehnsucht und Respekt. Als Freiheitspartei der Frauen Kurdistans, PAJK, versprechen wir im Gedenken an die große Revolutionärin Sara, die jeden Moment ihres Lebens im antifaschistischen Kampf verbracht hat, dass wir von allen Kräften, die an diesem Massaker beteiligt waren, historisch Rechenschaft verlangen und in Person der drei Revolutionärinnen Rache für alle Frauen nehmen werden. Im Jahr 2022 werden wir den AKP/MHP-Faschismus durch einen Kampf besiegen, den wir mit der Entschlossenheit von Frauen wie Sara führen.“
Weiter heißt es: „Sakine, Fidan und Leyla wurden am 9. Januar 2013 vor den Augen der gesamten Menschheit in Paris, dem Zentrum der kapitalistischen Moderne, das sich selbst für Demokratie und Recht lobt, ermordet. Neun Jahre sind seit diesem Massaker vergangen, und die türkischen Behörden haben zugegeben, es geplant zu haben. Das Schweigen des französischen Staates trotz dieses Geständnisses zeigt, dass dieses Massaker eine Fortsetzung des internationalen Komplotts war, das gegen Rêber Apo [Abdullah Öcalan] durchgeführt wurde. Wenn dem nicht so wäre, warum wird dann geschwiegen, obwohl türkische Verantwortliche selbst die Verantwortung für das Massaker eingeräumt haben? Wenn der französische Staat und seine Justiz nicht bereit sind, gegen das Massaker an drei revolutionären Frauen Stellung beziehen, dann kann sich der französische Staat nicht vom Vorwurf der Kollaboration mit den Mördern befreien. Als kurdische Frauen wiederholen wir unsere Forderung: der französische Staat muss seine Haltung angesichts des Massakers umgehend klarstellen. Der französischen Regierung muss klar sein, dass wir weder dieses Massaker, noch den Angriff auf das PKK-Gründungsmitglied und die Gründerin der Frauenbewegung als etwas alltägliches betrachten.“
„Das Massaker von Paris ist Ausdruck des Genozids“
Weiter schreibt die PAJK: „Das Massaker vom 9. Januar gegen die Vorreiterinnen der Frauenrevolution ist Ausdruck der Genozidpolitik an kurdischen Frauen und dem kurdischen Volk. Dieses Massaker wurde vom faschistischen türkischen Staat und den mit ihm kollaborierenden Mächten verübt, um die Freiheitsbewegung zu vernichten. In einer Zeit, in der Rêber Apo mit großer Entschlossenheit für eine demokratische Lösung eintrat, hat die Ermordung der Genossin Sara eine Botschaft in viele verschiedene Richtungen vermittelt. Deshalb beschrieb Rêber Apo den Mord als ein zweites Dersim-Massaker und einen Angriff auf ihn selbst. Mit diesem Massaker wurde deutlich, dass der türkische Staat zusammen mit den internationalen Mächten keinen Lösungsprozess, sondern einen Völkermordprozess und einen Niederwerfungsplan gegen das kurdische Volk umsetzte.
Das internationale Komplott gegen Rêber Apo wurde durch die Ermordung unserer Genossin Sara erneuert. Ziel war es, die Vorreiterinnen der Bewegung zu vernichten, die seit den ersten Jahren der Revolution zusammen mit Rêber Apo an der Gründung der Freiheitsbewegung beteiligt waren. Die faschistischen Kräfte wissen sehr genau, dass die Quelle der Vielfalt und Größe unserer Bewegung die Frauenbefreiung ist. Daher stellt sie auch ihre größte Angst dar. So wie die Genossin Sara den Faschisten mit großem Mut und Entschlossenheit im Kerker von Amed ins Gesicht spuckte, so hat sie sich niemals unterworfen und eine historische Haltung eingenommen. Heute sind es Tausende von Nachfolgerinnen von Sara, die in den Bergen Kurdistans, in den Kerkern und überall Rechenschaft vom türkischen Faschismus verlangen und einen großen Kampf führen. Darüber hinaus sind kurdische Frauen, die ihr Wesen aus der Haltung von Dersims aufständischer Tochter beziehen, in ganz Kurdistan Angriffen ausgesetzt. Mit dem Angriff auf die große Revolutionärin Sakine Cansız sollte das sich unter der Führung der kurdischen Frauen universalisierende Freiheitsparadigma vernichtet werden. Nach dem Massaker an den drei revolutionären Frauen in Paris wurden Vorreiterinnen und Kämpferinnen unserer Bewegung in den Bergen Kurdistans, die Pionierinnen des Widerstands für die Selbstverwaltung in Bakur, die Vorreiterinnen der Revolution in Rojava, die Politikerinnen, die in der Politik und in den Kerkern Haltung bezogen und die patriotischen Frauen aufgrund des Vernichtungskonzepts des türkischen Staates ermordet oder waren Gewalt ausgesetzt.
„Kein Massaker kann unseren Weg in die Freiheit versperren“
Als PAJK erklären wir ein weiteres Mal, dass kein Massaker oder Angriff unseren Marsch in die Freiheit aufhalten kann. Die Angst des türkischen Staates und der Kräfte des Komplotts ist nicht unbegründet. Die Kraft der freien Frauen wird dem Faschismus und der Herrschaft des Patriarchats ein Ende setzen. Der wachsende, aktive und organisierte Marsch der Frauen in die Freiheit wird die mörderische Mentalität brechen. Die Ermordung der drei Revolutionärinnen und jedes Massaker an Frauen, bedeuten für uns den größten Schmerz. Aber so groß unser Schmerz ist, so groß ist auch unsere Wut und unsere Entschlossenheit zur Freiheit. Lasst unser ganzes Volk, Freund:innen wie Feinde wissen, dass wir, selbst wenn wir als kurdische Frauen allein blieben, unseren Kampf gegen den Faschismus immer fortsetzen werden. Wir werden die Kräfte des Komplotts besiegen, mit ihnen historisch abrechnen und ein freies Leben garantieren.
Noch einmal würdigen wir unsere unsterblichen Genossinnen Sakine, Rojbîn und Ronahî sowie die drei Kämpferinnen der Frauenbewegung, die am 4. Januar 2016 in Silopîya vom faschistischen türkischen Staat ermordet wurden: Seve, Pakize und Fatma. Wir erinnern auch an alle Gefallenen des Monats Januar. Anlässlich des neunten Jahrestages des Massakers von Paris rufen wir alle Frauen und Freund:innen des kurdischen Volkes auf, sich an die Seite der kurdischen Frauen zu stellen, auf die Straße zu gehen, und den türkischen Staat, der Verbrechen gegen die Menschlichkeit begeht, und den französischen Staat, der dazu schweigt, zur Rechenschaft zu ziehen, und den Kampf und den Widerstand zu verstärken.“