In Nord- und Zentralafghanistan haben Frauen zu den Waffen gegriffen, sind zu Hunderten auf die Straße gegangen und haben Bilder von sich mit Sturmgewehren in den sozialen Medien geteilt. Gleichzeitig geht der landesweite Vormarsch der Taliban weiter. Eine der größten Demonstrationen fand in der zentralen Provinz Ghor statt, wo am Wochenende Hunderte von Frauen auf die Straße gingen, Waffen schwenkten und Anti-Taliban-Slogans skandierten.
Die Frauenbewegung Kongreya Star in Rojava erklärt sich solidarisch mit dem Frauenwiderstand in Afghanistan und zitiert Abdullah Öcalan: „Die Selbstverteidigung von Frauen ist eine sehr ernstes Thema, das nicht der Gnade der Männer überlassen werden kann.”
Weiter heißt es in der Solidaritätsbotschaft:
Wir als Kongreya Star senden revolutionäre Grüße und unsere Solidarität aus Rojava an unsere Schwestern in Afghanistan. Die aktuellen Entwicklungen in Afghanistan rund um den Deal zwischen den USA und den Taliban sind besorgniserregend, aber die Bilder der letzten Wochen von Frauen aus Afghanistan, die ihre Verteidigung notfalls selbst in die Hand nehmen, geben Hoffnung und Kraft.
Mit dem so genannten Friedensabkommen zwischen den Taliban und den USA gewinnen die Taliban mit ihren islamistischen und frauenfeindlichen Ansichten an Legitimität durch die internationale Staatengemeinschaft. Als Folge dieses Abkommens werden immer mehr Taliban-Gefangene aus den Gefängnissen entlassen. Das hat eine Zunahme der Gewalt gegen Frauen zur Folge. Vor allem Frauen, die Vorreiterinnen, Aktivistinnen und Journalistinnen sind, werden zur Zielscheibe tödlicher Angriffe. Das Erstarken der Taliban in Afghanistan bedroht die Freiheit und die Lebensgrundlage der Frauen im Besonderen und des Volkes im Allgemeinen. Angesichts dieser Angriffe auf die Freiheit und Sicherheit von Frauen müssen sich Frauen von der Basis aus organisieren und die Friedensbildung und Selbstverteidigung im weitesten Sinne in die Hand nehmen.
Wir können uns nicht auf dieselben Staaten und Akteure verlassen, die all diese Unterdrückung geschaffen haben, um sie rückgängig zu machen. Wie Abdullah Öcalan sagte: „Die Selbstverteidigung von Frauen ist ein sehr ernstes Thema, das nicht der Gnade der Männer überlassen werden kann.” Die Tatsache, dass sich die patriarchalen Systeme immer gegen die Freiheit stellen werden, bedeutet für uns, dass wir uns organisieren müssen, um uns gegen sie zu verteidigen. Widerstand gewinnt dort, wo er organisiert ist und wo konkrete, nachhaltige Strukturen der Selbstverteidigung aufgebaut werden. Es ist wichtig, dass sich Frauen autonom in Selbstverteidigungs- und anderen Strukturen organisieren.
Seit Beginn des Patriarchats will uns die männliche Mentalität glauben machen, dass Frauen sich nicht wehren können. Aber die Vergangenheit wie auch die Gegenwart liefern viele Gegenbeispiele. Auch hier, in allen Teilen Kurdistans, wehren sich Frauen gegen Unterdrückung und patriarchale Angriffe. Besonders in Rojava, als der IS 2014 Kobanê angriff, waren die Frauenverteidigungseinheiten der YPJ wesentliche Kräfte für den Anfang vom Ende vom IS.
Um uns gegen alle Arten von patriarchalen und frauenfeindlichen Angriffen zu wehren, müssen wir uns organisieren. Je mehr wir uns organisieren, desto mehr werden wir in der Lage sein, unser Leben, unsere Ideen, unsere Hoffnungen und unsere Träume gegen Frauenfeindlichkeit zu verteidigen. Die Bilder von afghanischen Frauen, die auf die Straße gehen, um zu zeigen, dass sie fähig und bereit sind, sich gegen die Taliban und alle anderen patriarchalen Kräfte zu verteidigen, machen Hoffnung und geben uns Kraft. Ein Angriff auf eine Frau, ob in Afghanistan oder anderswo, ist ein Angriff auf alle Frauen, also ist ihr Kampf auch unser Kampf. Wir sind überzeugt, dass die vereinten Befreiungskräfte von Frauen, ihr Widerstand und ihre Organisation den Charakter des 21. Jahrhunderts und den Verlauf unserer Geschichte bestimmen werden. Jin Jiyan Azadî!