Am Dienstag, dem Internationalen Aktionstag für die Gesundheit von Frauen, brachte die „Kampagne für ein Recht auf eine legale, sichere und kostenlose Abtreibung“ einen weiteren Gesetzentwurf zur Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs in das argentinische Parlament ein. Sieben Gesetzesinitiativen hatte das landesweite Bündnis gestartet, bevor Argentiniens Abgeordnetenhaus 2018 erstmals über die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen abstimmte. Nach dem negativen Votum des Senats im vergangenen August unternahm die Kampagne jetzt einen neuen Versuch.
Die Präsentation des nach den Erfahrungen des letzten Jahres leicht veränderten und ergänzten Gesetzesentwurfs wurde gestern in mehr als hundert Städten Argentiniens mit „Pañuelazos“ (etwa „Halstuchschlag“), den Märschen mit grünen Halstüchern, die den feministischen Kampf um legale Abtreibung symbolisieren, begleitet. Die Gemeinschaft der Frauen Kurdistans (Komalen Jinen Kurdistan, KJK) hat in einer schriftlichen Erklärung ihre Solidarität mit den Frauen in Argentinien bekundet, die für eine Legalisierung der Abtreibung auf die Straße ziehen. In der Solidaritätsbekundung heißt es:
„Am 28. Mai, dem Internationalen Aktionstag für die Gesundheit der Frauen und dem 14. Gründungstag der nationalen Kampagne für das Abtreibungsrecht in Argentinien, senden wir unsere aufrichtige Liebe an unsere Schwestern mit den grünen Tüchern in Argentinien. Diesen 8. März haben wir in einer weltweit veröffentlichten Erklärung bekräftigt, dass die Frau die erste Kolonie in der Geschichte ist. Daher ist die Verteidigung der Unversehrtheit, der Autonomie und des Rechts auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper für Frauen fundamentales Kampfgebiet. Wenn wir das Recht der Frauen auf Abtreibung verteidigen, ist es wichtig, den Kampf auf eine integrale grundlegende Weise zu führen. Legale Rechte, wenn auch bedeutsam, sind nur ein Teil dieses umfassenden Kampfes.
An diesem Internationalen Aktionstag erkennen wir, dass eine Gesellschaft nur dann wirklich frei ist, wenn sie auch frei über ihre Gesundheit und körperliches Wohlergehen entscheiden kann. Eine Gesellschaft ist nur frei, wenn Frauen – die nationalistische, frauenfeindliche, homophobe, transphobe und sexistische Mentalität herausfordernd – kollektive und autonome Entscheidungen über ihre Leben und für die Transformation der Gesellschaft treffen können.
Wir schicken euch unsere herzlichsten Grüße und viel Kraft, damit wir diese Energie der Mobilisierung nutzen können. Wir möchten mit euch gemeinsame Mechanismen aufbauen, damit wir zusammen organisierte Alternativen gegen die männliche Dominanz, Ausbeutung, Besatzung, Zerstörung und Versklavung entwickeln können.
Gesundheit ist kein isoliertes Thema, das Körper getrennt voneinander betrachten kann; es ist die Erde mit der wir leben, die Luft die uns durchströmt und die wir jeden Tag gemeinsam atmen. Wir verstehen Gesundheit als Gegenposition zur Ausbeutung der Arbeiter*innen, Gewalt, Unterdrückung, patriarchalen, zerstörerischen und kolonialen Eroberung. Deswegen, so sind wir überzeugt, müssen wir im gemeinsamen Kampf gegen jede Form der Unterdrückung ein kollektives, freies Leben entwickeln.
Gesundheit ist für uns auch die Liebe und Verteidigung der Erde, ein freier Wille und freies Denken, eine nicht von der Ästhetik trennbare Ethik; Gesundheit ist auch Kampf und Organisierung. Wir sind überzeugt, dass eine artikulierte Bewegung, die respektvoll mit allen Verschiedenheiten in der Verbundenheit umgeht und stark im Kampf und in der Hoffnung ist – Hoffnung als Basis für jede Aktion und jeden Gedanken – uns unsere Ziele erreichen lässt.
Vor einigen Tagen hat uns die Nachricht über den Erfolg der von Leyla Güven gestarteten Hungerstreik-Aktion gezeigt: eine historische Aktion des Widerstandes, in der die Entscheidung getroffen wurde, das eigene Leben in Gefahr zu bringen - für die Verteidigung des Lebens: ein 200 Tage andauernder Hungerstreik von tausenden Menschen in den Gefängnissen und Städten dieser Welt, gemeinsam mit dem mächtigen Kampf der kurdischen Mütter, die mit ihren weißen Tüchern auf die Straße gegangen sind – so wie sie es in Argentinien auch heutzutage noch machen. Dieser kollektive Widerstand schaffte es schließlich, die Isolationshaft von Abdullah Öcalan, aufgezwungen durch den diktatorischen Faschismus der Türkei, zu brechen.
Es ist ein historischer Erfolg, der auch der grenzenlosen Solidarität der Frauen zu verdanken ist. Es ist ein Erfolg der Kurdinnen und Kurden und gleichzeitig ein Erfolg aller Frauen, die für ihre Freiheit und für die gesamte Menschheit kämpfen. Heute, mit neuer Stärke, umarmen wir euch mit erfolgsversprechenden Grüßen bis nach Argentinien. Wir wissen, dass wir mit einer starken Hoffnung und Bestimmtheit und in unseren Unterschieden zusammen und organisiert kämpfend gewinnen werden! Zusammen schreiben wir Geschichte! Venceremos! Jin, Jiyan, Azadî!”