Türkische Armee bombardiert Kirche in Til Temir

Bei Bombardierungen türkisch-dschihadistischer Besatzungstruppen im nordostsyrischen Chabur-Tal ist die Kirche des assyrischen Dorfes Til Tawil großflächig beschädigt worden. Weite Teile der zivilen Infrastruktur wurden verwüstet.

Weitgehend ignoriert von der Weltöffentlichkeit verübt die Türkei im Schulterschluss mit dschihadistischen Milizen in den selbstverwalteten Gebieten von Nord- und Ostsyrien Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Unter offenem Bruch des seit Oktober 2019 gültigen Deeskalations- und Waffenstillstandsabkommens werden die Autonomiegebiete täglich unter schweren Artilleriebeschuss gesetzt. Als besonders betroffen von dieser Aggression gilt die Kleinstadt Til Temir im christlich geprägten Chabur-Tal. Zu Angriffen kommt es in der Region nahezu täglich, Phasen mit hoher Intensität wechseln sich mit Phasen niedriger Intensität ab.

Unter besonders heftiges Artilleriefeuer wurde in den letzten Tagen unter anderem das etwa zehn Kilometer westlich von Til Temir liegende Dorf Til Tawil (Tall Tawil), das auch unter dem assyrischen Namen Bnay Roumta bekannt ist, genommen. Immer wieder schlagen dort aus der türkischen Besatzungszone abgefeuerte Granaten ein, nahezu jedes Bauwerk hat Einschusslöcher. Auch die Kirche und andere öffentliche Gebäude in Til Tawil sind in der Vergangenheit gezielt von Besatzungstruppen bombardiert worden. Nun wurde das christliche Gotteshaus Mar Sawa großflächig zerstört.


Auf Bildern, die am Montag von der Nachrichtenagentur Hawarnews (ANHA) veröffentlicht wurden, ist das ganze Ausmaß des Schadens an der Kirche zu erkennen. Artilleriegeschosse haben große Löcher in die Mauern und das Dach gerissen. Der Innenbereich der Kirche liegt in Trümmern und Anbauten wurden stark beschädigt. Durch die tagelangen Bombardierungen in Til Tawil, die am vergangenen Donnerstag einsetzten und erst gestern wieder nachließen, wurde massiver Schaden am Stromnetz und den Straßen sowie Plätzen der Ortschaft verursacht. Wie viele Häuser durch den Beschuss beschädigt wurden, ist noch unklar. Gezielt ins Visier genommen wurde auch wieder eine Dorfschule. Die andere Bildungseinrichtung in Til Tawil war bereits in den letzten Monaten von der Türkei und ihren Verbündeten vernichtet worden.


Seit Anfang des Jahres wurden damit insgesamt neun Schulen in den Dörfern von Til Temir unrechtmäßig von der Türkei angegriffen. Die Zahl der im selben Zeitraum beschädigten oder zerstörten Kirchen in den Dörfern der Region beläuft sich auf fünf. Nicht mit eingerechnet sind die christlichen Gotteshäuser in den bereits von der türkischen Armee und ihren Proxytruppen besetzten Dörfern im Chabur-Tal.


Strategische Stadt Til Temir

Zweck der Angriffe durch den türkischen Nato-Partner des Westens und dessen islamistischen Milizen ist die Vertreibung der angestammten Bevölkerung aus Til Temir und die Ausweitung der Besatzungszone. Die Stadt mit ihrer mehrheitlich aus den christlich geprägten Suryoye bestehenden Bevölkerung ist aufgrund ihrer strategischen Lage ein wichtiges Ziel der Invasionstruppen, da sie an der syrischen Ost- Westverbindung, der Schnellstraße M4, gelegen ist. Die Autobahn durchzieht den Norden und Nordosten Syriens wie eine Lebensader und gilt als Verbindungsglied zwischen den selbstverwalteten Regionen Euphrat und Cizîrê. Die Türkei versucht seit 2019, die M4 unter ihre Kontrolle zu bekommen. Til Temir nimmt in den Besatzungsplänen der Türkei eine Schlüsselposition ein.


Seit der am 9. Oktober 2019 gestarteten Invasion des türkischen Staates in Serêkaniyê und Girê Spî (Tall Abyad) sind bereits mehr als dreißig Dörfer vor Til Temir besetzt worden. Weitere 27 Dörfer im Chabur-Tal liegen direkt an der Frontlinie, fünf aller assyrischer Dörfer in der Region wurden durch die Kriegshandlungen der Türkei bereits entvölkert. Zahlreiche Menschen sind bei den Angriffen getötet worden, Dutzende wurden verletzt. Die in Til Temir stationierten syrischen Truppen und die russischen Militärs erfüllen ihre Funktion zur Einhaltung des Deeskalations- und Waffenstillstandabkommens nicht.