Istanbul: Polizei löst Kundgebung von TJA und HDP auf

Mit der Abgabe einer Deklaration planten Frauen von TJA und HDP in Istanbul eigentlich den Startschuss ihres Programms zum diesjährigen 8. März. Die Polizei demonstrierte jedoch ihre „Null Toleranz“-Strategie gegenüber Menschenrechten, es gab Festnahmen.

Mit der Abgabe einer Deklaration planten die Bewegung Freier Frauen (Tevgera Jinên Azad, TJA) und der Frauenrat der Demokratischen Partei der Völker (HDP) für diesen Mittwoch in der westtürkischen Metropole Istanbul eigentlich die Einleitung ihres Programms zum internationalen Frauenkampftag am 8. März. Doch die Polizei demonstrierte wie erwartet ihre Null-Toleranz-Politik gegenüber Menschenrechten und unterband die Veranstaltung. Mehrere Frauen wurden in Gewahrsam genommen. Als Begründung zog die Behörde ein vom Landrat erteiltes Versammlungsverbot heran.

Die TJA stellt ihre Veranstaltungen zum diesjährigen 8. März unter das Motto „Frauensolidarität hält am Leben“, die Devise der HDP-Frauen lautet „Wir sind nicht allein, wir sind zusammen – Jin Jiyan Azadî“. Im Zentrum steht die Solidarität mit den Opfern der verheerenden Erdbebenserie im türkisch-syrischen Grenzgebiet vor mehr als drei Wochen, die offiziell mehr als 51.000 Tote forderte. „Aus diesem Grund war geplant, nach der Verlesung unseres gemeinsamen Programms bis zum Hafen zu demonstrieren und rote Nelken für die Menschen niederzulegen, die wir verloren haben“, erkläre die TJA-Aktivistin Eylem Sarıca vor dem Sitz des HDP-Verbands Kanarya im gleichnamigen Viertel im europäischen Stadtteil Küçükçekmece. „Doch dieses faschistische System und eine Polizeiblockade verbieten unser Anliegen.“

In der Türkei sei es Alltag, dass elementare demokratische Grundrechte, wie das Demonstrationsrecht und das Recht auf freie Meinungsäußerung, auf der Strecke blieben. Es herrsche eine Diktatur, die gekennzeichnet sei durch die Intoleranz gegenüber Freiheit, Demokratie und Menschenwürde, führte Sarıca weiter aus. „Diese Verbotsverfügungen der Behörden, auf die systematisch zurückgegriffen wird, um gesellschaftlichen Dissens zu unterdrücken, sind rechtswidrig. Aber in einem Land, in dem die Justiz der Exekutive unterworfen ist, ist das nichts ungewöhnliches.“ Eine besondere Wut bei der Polizei sei beim Blick der Beamten auf die Bilder zu beobachten gewesen, die von den Frauen mitgebracht worden waren. Zu sehen waren darauf Opfer von Femiziden, darunter die Mirabal-Schwestern, die am 25. November 1960 vom dominikanischen Geheimdienst ermordet wurden und den Tag gegen Gewalt an Frauen prägten, sowie Städte, die durch das Erdbeben zerstört worden sind.


Nach Angaben der HDP Kanarya sind zwölf der beteiligten Frauen von der Polizei festgenommen worden, teilweise unter Anwendung von Gewalt. Unter ihnen befanden sich zunächst auch drei Aktivistinnen des Rates der Friedensmütter. Zwei von ihnen wurden noch vor Ort wieder freigelassen, zehn weitere Frauen sind von der Polizei abgeführt worden. Sie müssen nun mit einer Anzeige wegen Verstößen gegen die Verbotsverfügung des Landratsamtes und Bußgeldern rechnen.