Istanbul: Festnahmen von Frauen bei Kundgebung gegen Gewalt
In Istanbul sind erneut zahlreiche Demonstrantinnen bei einer Protestveranstaltung anlässlich des Internationalen Tages zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen festgenommen worden.
In Istanbul sind erneut zahlreiche Demonstrantinnen bei einer Protestveranstaltung anlässlich des Internationalen Tages zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen festgenommen worden.
Bei einer Kundgebung in Istanbul anlässlich des Internationalen Tages zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am 25. November sind dutzende Aktivistinnen festgenommen worden. Die Polizei war mit einem Großaufgebot im Einsatz und hatte den Hafenplatz im asiatischen Stadtteil Kadıköy, wo die nicht genehmigte Zusammenkunft stattfinden sollte, durch Barrieren und Gitter abgesperrt.
Zu der Kundgebung aufgerufen hatte ein Bündnis feministischer Organisationen, darunter die Plattform „Wir werden Frauenmorde stoppen“ (KCDP) und die Frauenräte. Zahlreiche Demonstrantinnen versammelten sich trotz des Verbots und öffneten ein Transparent mit der Aufschrift: „Mit unserem Widerstand werden wir eine Welt ohne Gewalt und Ausbeutung erkämpfen“. In heftigen Wortwechseln sprachen sich die Frauen gegen das Versammlungsverbot aus und riefen der Polizei „Die Barrieren den Mördern, nicht uns Frauen“ zu. Außerdem skandierten sie „Nieder mit der Diktatur der AKP“.
Nach bisherigem Stand wurden etwa 40 Frauen in Gewahrsam genommen und auf das als Folterzentrum berüchtigte Polizeipräsidium Vatan gebracht. Unter ihnen ist auch die KCDP-Generalsekretärin Fidan Ataselim. Sie ist Mitbegründerin des vor zwölf Jahren von Familienangehörigen von Femizidopfern und Frauen aus verschiedenen Parteien gegründeten Vereins, der Öffentlichkeitsarbeit gegen Femizid leistet und regelmäßig Statistiken und Hintergrundinformationen über Frauenmorde in der Türkei veröffentlicht.
Darüber hinaus begleitet KCDP von Gewalt betroffene Frauen bei Prozessen und sorgt für ihre Sicherheit. Außerdem setzt sich die Organisation für eine Rückkehr der Türkei zur Istanbul-Konvention des Europarats ein. Im vergangenen Jahr hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan per Dekret sein Land aus der Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen zurückgezogen. Das Abkommen war 2011 in Istanbul geschlossen worden. Seit Juli dieses Jahres läuft gegen die KCDP ein Verbotsverfahren. Nach Ansicht der türkischen Behörden verstößt der Verein gegen „Gesetz und Moral“ und soll daher aufgelöst werden.
Über 200 Festnahmen vor zwei Tagen
Schon vor zwei Tagen waren in Istanbul zahlreiche Frauen, die trotz Verbots ebenfalls aus Anlass des 25. Novembers auf die Straße gegangen waren, um gegen patriarchale Gewalt und Unterdrückung und für ein Leben in Freiheit zu demonstrieren, vorübergehend in Polizeihaft genommen worden. Die Behörde hatte mit massiver Gewalt reagiert und die Demonstration am zentralen Taksim-Platz gestürmt. Mehr als 200 Demonstrantinnen waren festgenommen worden.