Die Journalistin Nilufar Hamedi ist in der iranischen Hauptstadt Teheran inhaftiert worden. Sie hatte den Fall um die in Polizeigewahrsam der sogenannten Moralpolizei gestorbenen 22-jährige Jina Mahsa Amini als Erste bekannt gemacht. Das führte landesweit zu Protesten gegen das Regime von Irans Präsident Ebrahim Raisi. In Ostkurdistan (Rojhilat) ist nahezu jede Stadt im Widerstand gegen den herrschenden Klerus und das System.
Bereits am Donnerstag stürmte die iranische Polizei die Wohnung von Hamedi und beschlagnahmte ihre technische Ausrüstung, bevor sie abgeführt wurde. Die Journalistin, die für die Reformzeitung „Shargh“ arbeitet, hatte das Krankenhaus besucht, in dem Amini lag, und mit dazu beigetragen, ihren Fall öffentlich zu machen. Mittlerweile wurde Hamedi in das berüchtigte Evin-Gefängnis in Teheran überführt. Neben ihr wurden in den vergangenen 24 Stunden mindestens zwei weitere Journalistinnen inhaftiert: die Reporterin Fatemeh Rajabi und die Fotografin Yalda Meiri.
Mullah-Regime will Proteste mit aller Gewalt unterdrücken
Jina Mahsa Amini wurde vergangene Woche Dienstag während eines Familienbesuchs in Teheran wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die Hidschab-Vorschriften festgenommen – weil ihr Kopftuch nicht richtig saß und ein paar Haarsträhnen zu sehen gewesen seien. Auf dem Revier wurde sie im Verlauf einer „Belehrung“ durch die „Sittenpolizei“ so massiv misshandelt, dass sie dort ins Koma fiel und bei der Aufnahme im Krankenhaus wenige Stunden später bereits hirntot war. Seit Bekanntwerden ihres Todes rollt unter der kurdischen Losung „Jin, Jiyan, Azadî“ eine massive Protestwelle durch das Land, die das Mullah-Regime mit aller Gewalt zu unterdrücken versucht.
IHR: 36 Tote in Iran und Rojhilat
Die kurdische Menschenrechtsorganisation Hengaw berichtete am Donnerstagabend, dass bei den bisherigen Protesten mindestens 15 Demonstrierende ums Leben gekommen sind und mehr als 730 verletzt wurden. Über 600 Menschen befinden sich zudem in Polizeihaft, darunter führende Aktivistinnen und Aktivisten der kurdischen Zivilgesellschaft. In vielen Fällen ist der Aufenthaltsort der Betroffenen nicht bekannt. Die Organisation Iran Human Rights (IHR) mit Sitz in Oslo sprach am Freitag sogar von 36 Toten.
CFWIJ: Alle Journalist:innen freilassen!
Die Koalition für Frauen im Journalismus (CFWIJ) und das Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ) mit Sitz in New York verurteilten die Jagd auf Medienschaffende und forderten die politische Führung in Teheran auf, alle wegen der Berichterstattung über den Fall Amini festgenommen Kolleginnen und Kollegen umgehend freizulassen.
Regime kündigt härteres Durchgreifen an
Irans Streitkräfte haben derweil am Freitag auf Schärfste vor einer Störung der Sicherheit im Land gewarnt. „Wir werden den Feinden nicht erlauben, die Situation auszunutzen“, hieß es in einer Mitteilung, wie die iranische Nachrichtenagentur Isna am Freitag berichtete. Auch der Geheimdienst warnte nach Angaben der Agentur Tasnim vor einer Teilnahme an „illegalen Versammlungen“. Am Donnerstag hatte bereits Justizchef Gholam-Hussein Mohseni-Edschehi ein hartes Durchgreifen der Sicherheitskräfte bei den landesweiten Protesten angeordnet.