Hinrichtungen von Frauen sollen Angst in der Gesellschaft schüren

Bezüglich des Anstiegs der Hinrichtungen und Selbstmorde von Frauen im Iran ruft Ciwana Sine, Mitglied der Koordination der KJAR, zum Widerstand auf.

Ciwana Sine aus der Koordination der Gemeinschaft Freier Frauen Ostkurdistans (Komelgeha Jinên Azad a Rojhilat, KJAR) hat mit ANF über die Zunahme der Hinrichtungen von Frauen durch den iranischen Staat und die dahinterstehende Taktik des Regimes gesprochen. Alle gesellschaftlichen Probleme im Iran ließen sich laut Sine auf den Umstand zurückführen, dass das herrschende System ein Nationalstaat ist: „Um das System möglichst lange am Leben zu erhalten, wird versucht, die Gesellschaft schwach zu halten. Deshalb werden die Jugend und die Frauen zum Ziel der Repression.“

Seit das System in der Krise ist, ist auch die Zahl der getöteten Frauen und Jugendlichen gestiegen. Dies beschränkt sich nicht nur auf die unmittelbar durch staatliche Stellen durchgeführten Hinrichtungen, wie Sine erklärt: „Gleichzeitig steigt in solchen Zeiten auch die Selbstmordrate unter Frauen, weil Väter, Brüder und Ehemänner als Vertreter des Staates im Haus über die Frauen herrschen. Die staatliche Unterdrückung im öffentlichen Raum wird so durch die Männer auch zu Hause aufrecht erhalten.“

Der Amtsantritt von US-Präsident Joe Biden hat vielerorts zu Hoffnungen auf eine Veränderung der Situation im Iran geführt. Sine teilt diese Hoffnungen nicht: „Unserer Meinung nach ist das eine grundlose, eine sinnlose Hoffnung. Denn im Iran steigt mit den nahenden Präsidentschaftswahlen auch die Zahl der Festnahmen. In den letzten Wochen wurden mehr als 140 Menschen festgenommen. Gleichzeitig steigt sowohl die Zahl der in den Selbstmord getriebenen als auch der hingerichteten Frauen sichtbar an.“

Die meisten Frauen werden in Kurdistan und in Belutschistan hingerichtet

Vor allem in Ostkurdistan und in Belutschistan sind viele Hinrichtungen von Frauen zu beobachten. Im Vorfeld der Feiern anlässlich des Jahrestages der „Islamischen Revolution" am 12. Februar gab es Mutmaßungen über einen möglichen Aufstand oppositioneller Kräfte während der Festtage. Laut Sine sind die Hinrichtungen eine Reaktion auf die Situation: „Ein Grund für die Zunahme der Hinrichtungen ist, dass eine Atmosphäre der Angst geschaffen werden soll, um einem Aufstand zuvorzukommen. Es ist eine Taktik der psychologischen Kriegsführung des iranischen Regimes.“

In den letzten drei Monaten sind elf Frauen hingerichtet worden. Die dabei angewendeten grausamen Methoden stehen in einer historischen Kontinuität, stellt Sine fest: „Während der Hexenverfolgungen im Mittelalter wurden Frauen aufgrund des Vorwurfs der Zauberei verbrannt. Im heutigen Iran werden Frauen auf ähnlich grausame Weise hingerichtet. Ich gebe mal ein Beispiel: Weil ihr vorgeworfen wurde, ihren Ehemann getötet zu haben, wurde Zehra Ismaili zur 16-fachen Hinrichtung verurteilt. Als sie am Tag ihrer geplanten Hinrichtung an einem Herzinfarkt starb, wurde ihre Leiche trotzdem zum Galgen gebracht und gehängt. Zehras Ehemann arbeitete für den Geheimdienst und hatte sowohl Zehra als auch ihre Tochter systematischer Folter unterzogen.“

Die Hinrichtungen von Frauen kommen einer Hinrichtung der Gesellschaft gleich, so Sine: „Durch die Tötung der Frauen soll der Gesellschaft Angst gemacht werden. Deshalb müssen Frauen am 8. März zum internationalen Frauenkampftag für Zehra Ismaili auf die Straße gehen und die Politik des iranischen Regimes verurteilen.“ An die Frauen im Iran, die laut Sine beständig Widerstand leisten und sich der Politik der Hinrichtungen nicht unterwerfen würden, richtet sie sich mit einem Aufruf: „Es ist Zeit, dass die Frauen erneut gemeinsam aufstehen und Widerstand leisten. So können wir die Hinrichtungen stoppen.“