HDP-Frauenrat­: Sexualisierte Gewalt wird legitimiert

„Das Männerbündnis aus AKP und MHP betreibt seit Jahren ungebremst eine sexistische und frauenfeindliche Politik, um sexualisierte Gewalt und Machtmissbrauch zu legalisieren“, erklärt der Frauenrat der HDP zum neuen Täterschutzgesetz in der Türkei.

Der Frauenrat der Demokratischen Partei der Völker (HDP) hat sich entsetzt über eine Gesetzesänderung zur Verfolgung von Vergewaltigungen, Gewalt und sexuellen Übergriffen geäußert und wirft der AKP/MHP-Koalition die Legitimierung von Missbrauch vor. Hintergrund ist eine vom türkischen Parlament in der Nacht zu Freitag verabschiedete Reform, die konkrete Beweise für eine Tat als Vorbedingung für eine Verhaftung mutmaßlicher Täter macht. Zuvor hatte ein dringender Tatverdacht für die Inhaftierung ausgereicht.

Nach Paragraf 13 des entgegen heftiger Proteste aus den Reihen der HDP und CHP verabschiedeten Gesetzespakets werden bei Ermittlungen wegen sexualisierter Gewalt „konkrete Beweise“ zur Voraussetzung für die Verhängung von Untersuchungshaft gemacht. Allein die Aussagen von Opfern reichen für die Strafverfolgung und als Beweismittel nicht mehr aus. Genau darin sieht der HDP-Frauenrat eine Legitimierung von Missbrauch und juristische Straffreiheit für Vergewaltiger. „Das Kindeswohl und das Prinzip ‚Die Grundlage ist die Äußerung der Frau‘ werden vollkommen ignoriert“, kritisieren die Politikerinnen.  

„Männerbündnis legalisiert sexualisierten Machtmissbrauch"

„Das Männerbündnis aus AKP und MHP betreibt seit Jahren ungebremst eine sexistische und frauenfeindliche Politik, um sexualisierte Gewalt und sexualisierten Machtmissbrauch zu legalisieren und der Gewalt gegen Frauen den Weg zu ebnen. Die Verabschiedung dieses jüngsten Pakets ist ein weiterer Beweis dafür, dass die AKP seit ihrem Machtantritt eine Politik des Täterschutzes, und nicht des Schutzes von Kindern und Frauen verfolgt“, so der HDP-Frauenrat.

In unzähligen Fällen von patriarchaler und sexualisierter Gewalt in der Türkei sind Äußerungen der Täter wie etwa „Mir passiert schon nichts“ oder „Dann lande ich eben für zwei Jahre im Gefängnis, na und“ bekannt geworden. Allein dadurch sei offensichtlich, dass die „sexistische Justiz“ ohnehin den Verbrechern beistehe, erklärt der Frauenrat der HDP: „Die Gruppen, die nach der Verabschiedung dieses Gesetzes ganz offen ihre Freude darüber zum Ausdruck gebracht haben, kennen wir nur zu gut. Um die Unterstützung dieser Kreise zu erfahren, wird sexualisierte Gewalt an Kindern legitimiert.“

„Wir Frauen werden keinen Schritt zurückweichen"

Der HDP-Frauenrat weist auf die im Zuge der Pandemie im vergangenen Jahr erlassene Haftverschonung für Gewalttäter hin und auf den von Präsident Erdogan angeordneten Austritt aus der Istanbul-Konvention, der am 1. Juli in Kraft getreten ist und gegen den Frauen landesweit Sturm gelaufen sind: „Genauso wenig werden wir auch zu diesem Gesetzespaket schweigen, weder im Parlament noch auf den Straßen und Plätzen. Der AKP/MHP-Koalition, die sich mit ihrer Männerjustiz, ihrer Medienanhängerschaft und sexistischer Politik auf den Beinen zu halten versucht und trotzdem ihre letzten Tage erlebt, sollte klar sein, dass wir Frauen keinen Schritt zurückweichen werden. Wir werden nicht dazu schweigen, dass die Istanbul-Konvention in den Polizeirevieren niemals wirklich umgesetzt worden ist, dass die sexistische Justiz Strafnachlass gewährt wegen ,guter Führung' oder angeblicher Provokation und dass bei Missbrauch konkrete Beweise verlangt werden. Es ist nicht die Aufgabe des Staates, sexualisierte Gewalt an Kindern zu vertuschen, sondern sie aufzudecken und dabei das Wohl des Kindes im Auge zu haben. Wir akzeptieren weder den Austritt aus der Istanbul-Konvention noch den Kindesmissbrauch legitimierenden Artikel.“