HDP-Abgeordnete Selma Irmak zu einem Jahr Haft verurteilt

Die HDP-Abgeordnete Selma Irmak ist wegen einer Äußerung im Fernsehen aus dem Jahr 2015 zu einer Haftstrafe von einem Jahr verurteilt worden.

Selma Irmak, eine der Abgeordneten der Demokratischen Partei der Völker (HDP), die vom türkischen Staat in Geiselhaft gehalten werden, ist wegen ihrer Äußerungen bei einer Liveschaltung des TV-Senders MED NUÇE von der Generalversammlung des Demokratischen Gesellschaftskongresses (DTK) im Jahr 2015 wegen Herabsetzung des türkischen Parlaments, der Regierung und der staatlichen Justizorgane zu einer Haftstrafe von einem Jahr verurteilt worden.

Während der Verhandlung vor dem 9. Strafgericht Diyarbakır (Amed) wurde Selma Irmak, die sich im F-Typ-Gefängnis Kandıra befindet, gegen ihren Willen über das Videokonferenzsystem SEGBIS angehört. Die Abgeordnete erklärte auf Kurdisch über einen Dolmetscher, dass sie das SEGBIS-System ablehne und ihr Recht einfordere, persönlich an der Verhandlung teilzunehmen.

Richter befürchtet „provokative Aktionen“

Das Gericht lehnte die persönliche Vorführung vor Gericht mit der Begründung ab, ihre Anwesenheit bei der Verhandlung könne der öffentlichen Sicherheit schaden, da die PKK „provokative Aktionen“ durchführen könne.

Daraufhin erklärte die kurdische Politikerin, sich keinesfalls per Video verteidigen zu wollen. Ihre Rechtsanwältin Reyhan Yalçındağ Baydemir legte das Mandat für das aktuelle Verfahren nieder, da ihr das Gericht es unmöglich mache, ihrer Aufgabe als Verteidigerin nachzukommen.

Ein generelles Problem der Türkei

Vom Gericht nach ihren letzten Worten vor der Urteilsverkündung befragt, erklärte die HDP-Abgeordnete: „Dieses Gerichtsverfahren ist aus meiner Sicht kein juristisches Verfahren und ich finde es auch nicht gerecht. Meine Forderungen sind nicht erfüllt worden. Ich bin Abgeordnete und aufgrund meiner Äußerungen angeklagt. Das Gericht hat mir nicht gestattet, mich ordentlich zu verteidigen. Mein Recht auf Redefreiheit ist in der Türkei aufgehoben. Wenn eine Abgeordnete keine Kritik äußern kann, macht es wenig Sinn, noch Abgeordnete zu sein. In diesem Verfahren geht es nicht nur um mich, es geht um ein generelles Problem der Türkei. Solange die Türkei sich nicht demokratisiert, werden wir uns weiterhin in Prozessen wie diesem gegenüberstehen. Was sich ändern muss, ist die Mentalität. Wird eine Kritik geäußert, sollte sie nicht vor Gericht, sondern im Parlament bewertet werden.“

Kein Eindruck von Reue

Nach der Verteidigung verkündete der Richter das Urteil von einem Jahr Haftstrafe wegen Herabsetzung staatlicher Organe und der türkischen Nation. Eine Strafminderung käme aufgrund der Persönlichkeit der Angeklagten, ihrer Vergangenheit und ihres Verhaltens vor Gericht nicht in Frage, so der Richter. Es sei nicht der Eindruck entstanden, dass Selma Irmak ihre Straftat bereue und es könne daher nicht ausgeschlossen werden, dass sie sich erneut strafbar mache.