Hamburger Frauenbündnis: Gerechtigkeit für die Frauen Şengals

Das Internationale Frauenbündnis gegen Feminizide Hamburg ruft zu einer Kundgebung kommenden Montag unter dem Motto „3. August – 6. Jahrestag des Feminizids und Genozids an den Ezid*innen. Wir fordern Gerechtigkeit für die Frauen in Sinjar!“ auf.

Das Internationale Frauenbündnis gegen Feminizide Hamburg ruft auf zur Kundgebung „3. August – 6. Jahrestag des Feminizids und Genozids an den Ezid*innen. Wir fordern Gerechtigkeit für die Frauen in Sinjar!“, um der ezidischen Stimme Gehör zu verschaffen.

Ezid*innen wurden immer wieder Opfer von politischen Machtkämpfen, immer wieder Ziel von Massentötungen und Genoziden. Am 3. August 2014 überfiel die Terrorgruppe des sogenannten „Islamischen Staats“ aus geo-strategischen Gründen, angefüllt mit propagandistisch aufgeheiztem, ideologischem Hass gegen das Ezidentum, Sinjar (Șengal). 400.000 Menschen mussten binnen weniger Stunden alles zurücklassen, zehntausende von ihnen wurden im Sinjar-Gebirge umzingelt und mussten tagelang in sengender Hitze ausharren – bis sie von den Einheiten der YPJ und YPG und der HPG/YJA-Star über einen Korridor nach Rojava gerettet werden konnten. 6.000 Menschen, vor allem ezidische Frauen und Kinder, waren und sind körperlicher, geistiger, ökonomischer und struktureller Gewalt ausgesetzt, wurden verschleppt, vergewaltigt und zu Sklavinnen gemacht. Tausende Männer gelten als vermisst oder getötet – dutzende Massengräber wurden bisher in Sinjar entdeckt. Unzählige Menschen gelten weiterhin als vermisst oder befinden sich in Gefangenschaft.

„Wir müssen dem Krieg ein Ende bereiten. Wir müssen all diese Täter von Genozidverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor Gericht stellen […] Die Welt hat nur eine Grenze: Menschlichkeit. Stellen Sie Menschlichkeit an erste Stelle.“ Aus Nadia Murad Basee Taha's Rede bei der Eröffnung der UN-Generalversammlung am 19. September 2018

 

Inzwischen sind mehr und mehr Menschen zurückgekehrt – ein Dorn im Auge Erdoğans. Unvermindert führt der NATO-Bündnispartner Türkei Krieg gegen die Zivilbevölkerung auch im Sinjar. Mit dem Ziel, den andauernden Feminizid und Genozid gegen die Ezid*innen durch den IS nun selbst zu vollenden.

Auch jetzt, sechs Jahren nach diesem erneuten Höhepunkt der Gewalt gegen Ezid*innen und dem aktuellen völkerrechtswidrig geführten Krieg des türkischen Staates erfolgt keine internationale Hilfe für den Wiederaufbau in Sinjar. Stattdessen wird die Türkei politisch als auch wirtschaftlich unter anderem durch die Bundesregierung Deutschland unterstützt.

Im Kontext der begonnenen Gerichtsverfahren gegen IS-Rückkehrerin in mehreren deutschen Städten muss mehr denn je die ezidische, kurdische Stimme gehört werden. Schon jetzt ist klar, dass die deutsche Justiz das Ausmaß und die Dimension des Genozids und Feminizids gegen die Ezid*innen nicht zu greifen vermag – und auch hier vielmehr politische und wirtschaftliche Verwicklungen die entscheidende Rolle spielen. Menschlichkeit steht nicht an erster Stelle.

Menschlichkeit braucht die klare Benennung von Kriegsverbrechen und deren Anklage auf internationaler Ebene. Auch dafür steht der 3. August als Aktions- und Gedenktag, als Tag der Trauer, der Wut und des Widerstands. Dem Aufruf des Dachverbands des Ezidischen Frauenrats folgend ruft das Internationale Frauenbündnis gegen Feminizide Hamburg auf zur Kundgebung „3. August – 6. Jahrestag des Feminizids und Genozids an den Ezid*innen. Wir fordern Gerechtigkeit für die Frauen in Sinjar!“, am Montag, 3. August 2020, 9:00 Uhr vor dem Oberlandesgericht Hamburg, Sievekingplatz 2. Am selben Tag wird dort ab 9:30 Uhr eines der derzeit laufenden Verfahren gegen IS-Rückkehrerinnen – in diesem Fall gegen Elina F. – fortgesetzt.