Haftbefehl gegen Hasibe Mengirkaon aufgehoben

Der Haftbefehl gegen die Ko-Vorsitzende des Provinzverbands der DBP in Mêrdîn, Hasibe Mengirkaon, ist aufgehoben worden. Knapp ein Jahr saß die Politikerin wegen fadenscheinigen Terrorvorwürfen ohne Anklage in Untersuchungshaft.

Der Haftbefehl gegen die Ko-Vorsitzende der Partei der demokratischen Regionen (DBP) in Mêrdîn (türk. Mardin), Hasibe Mengirkaon, ist aufgehoben worden. Ein Gericht in der nordkurdischen Provinz ordnete am Freitag beim Haftprüfungstermin die Entlassung der 57-Jährigen an. Mengirkaon befand sich seit Dezember vergangenen Jahres ohne Anklage in Untersuchungshaft. Die Politikerin wird im Zusammenhang mit ihren Aktivitäten im zivilgesellschaftlichen Zusammenschluss Kongreya Civaka Demokratîk (KCD, dt. Demokratischer Gesellschaftskongress) der „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ beschuldigt. Die Ermittlungen gegen sie beruhen auf den Aussagen von einem sogenannten „anonymen Zeugen”.

Nach Angaben von Mengirkaons Verteidiger Kemal Erdem gibt es auch elf Monate nach der Verhaftung seiner Mandantin keinen konkreten Fahrplan für die Anklage und den Prozessbeginn. Der Jurist bezeichnet die lange Untersuchungshaft gegen Mengirkaon als „Vergeltungs- und Racheprinzip“ der türkischen Justiz. „Wir haben mehrere Entlassungsanträge mit Verweis auf die schlechte gesundheitliche Verfassung meiner Mandantin gestellt. Diese sind allerdings unter Berufung auf vermeintliche Beweise, die gegen Hasibe Mengirkaon vorliegen sollen, abgelehnt worden. Meine Mandantin leidet unter diversen chronischen Erkrankungen, darunter Diabetes, Bluthochdruck und Asthma. Mehrmals wurde sie während der Haft in ein Krankenhaus eingeliefert, dennoch musste sie immer wieder am militärischen Zählappell teilnehmen. Und das, obwohl sich meine Mandantin kaum auf den Beinen halten konnte. Von Seiten der Staatsanwaltschaft hieß es aber immer wieder, die Fertigstellung der Anklageschrift eile nicht. Wir haben es hier mit einer vollkommenen Willkürjustiz zu tun.“

Wer ist Hasibe Mengirkaon?

Hasibe Mengirkaon ist nicht zum ersten Mal im Visier des türkischen Justizapparats und saß schon zuvor im Gefängnis. Im September 2014 sorgte ein Bild der Lokalpolitikerin für weltweites Aufsehen. Die Szene, die vom Fotografen Bülent Kilic eingefangen wurde, zeigte Mengirkaon dabei, wie sie vor einem Wasserwerfer der türkischen Polizei flüchtete.

Der Vorfall ereignete sich in Pirsûs (Suruç) in der Provinz Riha (Urfa). Die Stadt liegt an der Grenze zu Nordsyrien gegenüber Kobanê. Damals geriet die Stadt aufgrund des Angriffs des „Islamischen Staats“ (IS) ins Blickfeld der Weltöffentlichkeit, denn am 13. September 2014 wurde Kobanê vor den Augen der internationalen Gemeinschaft umzingelt und angegriffen. Die Türkei leistete dem IS Schützenhilfe, indem sie unter anderem die Grenzen dicht machte und somit verhinderte, dass sich Freiwillige am Kampf um Kobanê beteiligen. Um den Widerstand der Bevölkerung Kobanês zu unterstützen, strömten zehntausende Menschen aus allen Teilen Nordkurdistans die Straßen in Richtung Grenze, wo über Monate Aktionen von „lebenden Schutzschilden“ stattfanden. Hasibe Mengirkaon war eine von ihnen.