Gülser Özbay ist frei: „Lasst die Gefangenen nicht allein“

Gülser Özbay hat ihre politische Identität trotz Folter; Krankheit und drei Jahrzehnten in türkischen Gefängnissen nicht aufgegeben. Die 63-jährige Kurdin wurde heute aus der Frauenvollzugsanstalt Şakran in Izmir entlassen.

Gülser Özbay ist nach 31 Jahren und sechs Monaten in türkischen Gefängnissen aus der Frauenvollzugsanstalt Izmir-Şakran entlassen worden. Die heute 63-Jährige war im Juli 1992 in Agirî festgenommen und nach mehrwöchiger Folter wegen „Zerstörung der Einheit und Gesamtheit“ der Türkei zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. In der Haft bekam sie Gebärmutterkrebs. Der Menschenrechtsverein IHD führte sie auf der Liste schwer kranker Gefangener und kämpfte jahrelang für ihre Freilassung und eine adäquate medizinische Behandlung.

Gülser Özbay ist Kurdin und hat ihre politische Identität nicht aufgegeben. In der Türkei werden „Lebenslängliche“ regulär nach dreißig Jahren freigelassen, viele politische Gefangene werden jedoch von dieser Regelung ausgenommen. Als Gülser Özbay im vergangenen Sommer ein weiteres Mal eine Distanzierung von der kurdischen Bewegung ablehnte, wurde der Entlassungstermin erneut um sechs Monate verschoben.

Heute konnten ihre Angehörigen sie endlich aus Izmir abholen. Zu ihrer Begrüßung vor dem Frauengefängnis kamen auch Lokalpolitiker:innen der DEM-Partei sowie Mitglieder der Friedensmütter-Initiative und des Gefangenenhilfsvereins TUHAY-DER. Gülser Özbay bedankte sich für den Empfang und die Unterstützung und sagte: „Ihr habt mich nicht allein gelassen und ich bin froh, euch alle zu sehen, Bekannte und Unbekannte. Wir sollten immer so viele sein. In den Gefängnissen herrscht großer Druck und wir dürfen die Gefangenen niemals allein lassen.“

Im Moment fühle sie sich noch nicht frei, denn Abdullah Öcalan und ihre Freundinnen und Freunde seien weiterhin inhaftiert, erklärte Gülser Özbay und wies auf den Hungerstreik hin, an dem sich 9000 Gefangene in wechselnden Gruppen beteiligten: „Deshalb ist meine Entlassung kein Anlass zu voller Freude. Für uns Kurdinnen und Kurden ist das Gefängnis zu einem festen Bestandteil des Lebens geworden. Der Staat hat die Schlüssel, aber drinnen wird gekämpft.“

Gülser Özbay wird noch zwei Tage in Izmir bleiben und danach in ihren Heimatort Bazîd fahren.