Großrazzia gegen Frauenorganisationen in der Türkei und Kurdistan

Die türkische Polizei führt auf Anordnung der Generalstaatsanwaltschaft Ankara in 14 Städten Razzien durch. 50 Aktivistinnen aus der Frauenbewegung sollen festgenommen werden.

Im Rahmen einer von der Generalstaatsanwaltschaft Ankara eingeleiteten Ermittlung stürmte die türkische Polizei 57 Wohnungen von Aktivistinnen der Frauenbewegung in Amed (tr. Diyarbakır), Ankara, Mûş, Mêrdîn, Istanbul, Adana, Sêrt, Wan, Agirî, Izmir, Riha (Urfa), Mersin, Dîlok (Antep) und Şirnex.

50 Frauen zur Festnahme ausgeschrieben

Die Generalstaatsanwaltschaft hat eigenen Angaben zufolge am Morgen die Festnahme von 50 Frauen wegen „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ angeordnet. Der Schwerpunkt der Repression scheint dabei auf Kurdistan zu liegen. Allein in Amed sollen 22 Frauen festgenommen werden. In den Morgenstunden stürmte die türkische Polizei dort eine Vielzahl von Wohnungen nahm unter anderem Besile Narin von der Initiative der Friedensmütter, Figen Ekti, Mekiye Ormancı, Gülcihan Şimşek, Berivan Elter, Didar Çeşme, Zekiye Güler und Bedia Akkaya von der Bewegung Freier Frauen (TJA), Figen Aras von der Frauenakademie sowie Sultan Esen fest. Aus Izmir wird die Festnahme von Dilan Akdoğan gemeldet. In Agirî wurde Hazal Aras, ehemalige Ko-Bürgermeisterin von Giyadîn (Diyadin), festgenommen, in Istanbul Pınar Ceylan und Yeliz Ayyıldız . Bisher sind nicht alle Namen der Festgenommenen bekannt. Es wurde eine 24-stündige Incommunicado-Haft gegen die Frauen angeordnet.

Regime läutet Wahlkampf ein


Auf einer Pressekonferenz in Ankara hat sich die Sprecherin des Frauenrats der HDP, Ayşe Acar Başaran, zu der Repression geäußert. Sie bewertete die Festnahmen als einen Angriff auf die Philosophie, die hinter der Parole „Jin, Jiyan, Azadî“ (Frauen, Leben, Freiheit) steht. Der Frauenkampf werde sich nicht einschüchtern lassen, betonte Başaran und erklärte: „Die Regierung und die Generalstaatsanwaltschaft griffen zu einem Klassiker und stellten diese Operation in der Presse als Antiterroroperation dar. Aber wir wissen sehr wohl, was diese Operationen bedeuten und was die AKP/MHP-Regierung damit erreichen will. Es stehen mal wieder Wahlen bevor. Während das Regime den Krieg und das Chaos zu vertiefen und auf alle Bereiche der Gesellschaft auszubreiten versucht, richtet sich diese Operation gegen den Frauenkampf, der die größte organisierte Kraft gegen das Regime darstellt. Die Regierung versucht seit Jahren, den Frauenkampf durch Inhaftierungen und Angriffe zurückzudrängen, zu marginalisieren und zu spalten. Genau dieses Ziel verfolgt auch diese Operation.“

Ein Angriff auf Jin, Jiyan, Azadî“

Başaran sieht die aktuelle Festnahmeoperation im Kontext der Polizeigewalt gegen die Frauenproteste vom 25. November und der Kriegspolitik des Regimes. Sie führt aus: „Das Regime hat Angst vor dem Frauenkampf. Das Modell, das heute in Rojava, in Nord- und Ostsyrien entstanden ist, ist eine Revolution, die ein Geschenk für alle Frauen der Welt ist. Weil die Revolution zur Hoffnung auf ein kollektives Leben aller Frauen und Völker geworden ist, fürchtet und attackiert die Regierung den Kampf der Frauen. Auch der Kampf von Frauen im Iran wird angegriffen, weil sie sich in Rojhilat (Ostkurdistan) und im Iran mit dem Slogan ‚Jin, Jiyan, Azadî‘ erhoben und die Parole zu einer Philosophie für die ganze Welt gemacht haben. Dafür haben die Frauen alle Arten von Angriffen durch das Mullah-Regime riskiert. Die Frauen in Afghanistan werden angegriffen, weil sie dem Taliban-Regime nicht die Treue schwören und nicht zurückweichen.

Wir werden dieses Regime beseitigen“

An dieser Stelle erklären wir noch einmal, keine Kraft wird in der Lage sein, den Kampf der Frauen zurückzudrängen. Der Kampf wird weitergehen, solange es auch nur eine einzige Frau in der TJA, eine einzige Frau in der HDP, eine einzige feministische Frau, eine einzige sozialistische Frau gibt. Wir bringen noch einmal zum Ausdruck, dass wir die frauenfeindliche, kriegstreiberische Herrschaft der AKP/MHP-Allianz zurückdrängen werden, wir werden dieses Regime beseitigen. Keine Macht wird sich dem entgegenstellen können. Weder Polizeibarrikaden noch politische Festnahme- und Verhaftungsaktionen werden uns aufhalten. Wir werden weiterhin Seite an Seite mit unseren Freundinnen kämpfen.“

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