Nach den Morden an zwei Frauen am vergangenen Samstag in der Region Aachen hat das kurdische Frauenbüro für Frieden CENÎ in einer schriftlichen Erklärung zur organisierten Selbstverteidigung aufgerufen. In der Erklärung heißt es:

„Bei beiden Morden gehen die Ermittler*innen davon aus, dass die Ehemänner der Frauen den Mord begangen haben. Einen Zusammenhang zwischen den Taten können die Ermittelnden nicht erkennen: „Das ist etwas völlig anderes“, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft zu der Frage nach einem möglichen Zusammenhang der Taten. Der Zusammenhang ist jedoch sehr klar: ein Leben in einer patriarchalen Gesellschaftsordnung, das Gewalt an Frauen als legitimes Mittel anerkennt, sie zu rechtfertigen sucht, sie kleinredet und den Mord an Frauen lediglich als 'Beziehungstat' abtut!“

Fast tägliche Tötungen und Tötungsversuche

Laut der Erklärung von CENÎ gab es 2015 in Deutschland 131 vollendete und 200 versuchte Tötungen von Frauen durch ihren Partner oder Ex-Partner. Daneben berichteten Beratungseinrichtungen und Frauenhäuser über eine große Anzahl von versuchten Tötungen, die nicht in die Kriminalstatistik eingingen: „Die schlecht geführten Statistiken sind ein weiteres Beispiel dafür, wie (versuchte) Frauenmorde unsichtbar gemacht und individualisiert werden.“

Kein Frauenmord ist eine Einzeltat

Morde an Frauen seien keine Einzeltaten, so das kurdische Frauenbüro: „Morde an Frauen sind eingebettet in ein gesellschaftliches System, das Gewalt gegen Frauen auf vielfältige Weise legitimiert, verharmlost und damit fördert. Mit jeder Rechtfertigung von Männergewalt als ‚Beziehungstat‘, ‚Familiendrama‘ oder ‚Ehrenmord‘ sollen Frauen einmal mehr zum Schweigen gebracht werden. Das lassen wir nicht zu. Als kurdisches Frauenbüro für Frieden erklären wir ein weiteres Mal: Verbrechen an Frauen sind politisch – die Lösung ist Organisierung!“

Selbstverteidigungsstrukturen aufbauen

„Wir geben unser Wort, dass wir unsere Selbstverteidigung weiter entwickeln und unsere Organisierung ausbauen werden. Nur zusammen können wir das faschistische, ausbeuterische, menschenverachtende patriarchale System überwinden. Staat und Polizei haben kein Interesse daran, uns vor Männer-Gewalt zu schützen, denn sie selbst sind notwendiger Teil des frauenverachtenden Systems. Nur durch den Aufbau autonomer Strukturen und eines eigenen Bewusstseins befreien wir uns aus politisch gewollten Abhängigkeiten und können uns selbst verteidigen.

Heute in Aachen auf die Straße gehen

Wir rufen daher alle Frauen und alle mit uns gegen das Patriarchat kämpfenden Menschen dazu auf, am Freitag, dem 8. Dezember 2017, mit dem Frauenrat Denîz Firat in Aachen auf die Straße zu gehen, um unsere Wut über die Morde und unseren Widerstand gegen das patriarchale System zum Ausdruck zu bringen! Lasst uns am Tag der Menschenrechte am 10. Dezember ein starkes Zeichen setzen für das Recht von Frauen auf ein freies Leben!“