Gericht weist Klage gegen Aysel Tuğluk ab

Ein Gericht in Amed hat eine neue Terroranklage gegen die kurdische Rechtsanwältin Aysel Tuğluk abgewiesen. Es bestehe kein Anlass für den Prozess, da die 58-Jährige wegen derselben Vorwürfe bereits in einem anderen Verfahren verurteilt wurde.

Die türkische Justiz hat eine Anklage gegen die kurdische Rechtsanwältin Aysel Tuğluk wegen des Verdachts der „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ abgewiesen. Ein Strafgericht in Amed (tr. Diyarbakır) urteilte am Donnerstag, es bestehe kein Anlass für den Prozess gegen die frühere Politikerin und Parlamentsabgeordnete, da sie wegen derselben Vorwürfe schon in einem anderen Verfahren zu einer langjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Die Staatsanwaltschaft kündigte bereits an, Berufung gegen die Klageabweisung einzulegen.

Worum es in der neuen Anklage geht

In der von der Oberstaatsanwaltschaft Diyarbakır verfassten Anklageschrift geht es um Terrorvorwürfe im Zusammenhang mit Aktivitäten Aysel Tuğluks für das Graswurzelbündnis „Demokratischer Gesellschaftskongress” (KCD). Tuğluk leitete die Organisation, die in der Türkei zwar legal ist, von Justizbehörden aber als „PKK/KCK-Struktur“ behandelt und entsprechend kriminalisiert wird. Aufgrund ihrer Funktion als Ko-Vorsitzende wurde Tuğluk 2018 zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. 2020 wurde das Urteil bestätigt.

Anklage nach Haftentlassung eingereicht

Die nun verworfene Anklage gegen Tuğluk hatte die Staatsanwaltschaft im November vergangenen Jahres eingereicht – nur wenige Wochen nach der Haftentlassung der 58-Jährigen. Die Ende 2016 inhaftierte und im Gefängnis an einer schweren Alzheimer-Demenz erkrankte Kurdin war im Oktober 2022 auf Grundlage eines Gutachtens des Instituts für Rechtsmedizin (ATK) für „strafvollzugsuntauglich” erklärt und entlassen worden. Rund zwei Wochen später reichte die Oberstaatsanwaltschaft Diyarbakır bei Gericht einen Antrag auf Klageerhebung ein. Als Indiz für die vermeintliche Mitgliedschaft Tuğluks in einer Terrororganisation verwies die Behörde auf die Aussage eines angeblichen Belastungszeugen, der YPG-Kämpfer gewesen sein soll. Angeblich sei er 2014 in Kobanê verletzt und von Tuğluk über die syrisch-türkische Grenze nach Cizîr (Cizre) transportiert worden. Dafür hatte die Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe von bis zu fünfzehn Jahren gefordert.