Frauen in Kobanê protestieren gegen Isolation von Öcalan

In Kobanê sind Menschen auf Aufruf des Verbands junger Frauen auf die Straße gegangen, um gegen die Isolation von Abdullah Öcalan zu protestieren. Die Abschottung von seiner Außenwelt sei Ausdruck der kurdenfeindlichen Kriegspolitik der Türkei, hieß es.

Aus Sorge um die Sicherheit von Abdullah Öcalan auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali sind im Kanton Kobanê zahlreiche Menschen am Sonntag auf die Straße gegangen - trotz Angriffen des türkischen Staates auf die Autonomieregion Nord- und Ostsyrien. Aufgerufen zu der Demonstration unter dem Motto „Mit dem Geist des revolutionären Volkskrieges wird uns die Befreiung von Rêber Apo gelingen“ hatte die Euphrat-Sektion des Verbands der jungen Frauen.

Der Protestmarsch startete vor der Volkskommune im östlichen Kreis Şêran. Ganz vorne liefen Mütter junger Aktivistinnen, die ein riesiges Transparent mit dem Konterfei Öcalans auf gelbem Hintergrund trugen, mit. Auch von zahlreichen Fahnen blickte das Bildnis des kurdischen Vordenkers auf die Menge. „Bê Serok Jiyan nabe“ – zu Deutsch: „Kein Leben ohne den Vorsitzenden“ war immer wieder lautstark zu hören.


Isolation verhindert einen tragfähigen gesellschaftlichen Frieden

Am Sitz des Angehörigenrates von Gefallenen mündete die Demonstration in eine Kundgebung. Die Politikerin Fatme Osman, Ko-Vorsitzende der PYD für die Euphrat-Region, berichtete hier über die unmenschlichen Haftbedingungen von Öcalan sowie über die politische Bedeutung der Isolationsfolter. „Das Isolationsregime auf Imrali verstößt klar gegen nationales und internationales Recht und verletzt internationale Abkommen und Verträge. Das ist hinlänglich bekannt. Dass das Komitee zur Verhinderung von Folter (CPT) und andere Institutionen, die zur Wahrung der Menschenrechte gegründet wurden, dennoch nicht handeln, um das Unrecht auf Imrali endlich zu beenden, ist daher mehr als zu verurteilen. Wir verachten diese Doppelmoral im Umgang mit Öcalan und dem kurdischen Volk. Die Isolation Rêber Apos verhindert einen tragfähigen gesellschaftlichen Frieden in der Türkei und darüber hinaus. Denn gerade Öcalan hat in der Vergangenheit trotz seiner unmenschlichen Haft immer wieder bewiesen, dass er ein wichtiger Akteur zum Aufbau eines solchen Friedens ist. Wir fordern, dass einschlägige internationale Organisationen ihren Pflichten entsprechend handeln und Kontakt zu ihm durchsetzen.“ Nur ein Öcalan mit Kontakt zu seiner Außenwelt könne den Weg zu Frieden ebnen und eine Atmosphäre schaffen, in der die Kurdistan-Frage auf demokratische Weise gelöst wird. Das würde nicht nur den Krieg in Rojava beenden.

Fatme Osman

Osman erinnerte daran, dass Öcalan seine Eingaben vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) dafür nutzte, ein neues basisdemokratisches, geschlechterbefreites und ökologisches Paradigma zu entwerfen. „Seine Ideen stehen nicht nur für die Hoffnung auf ein demokratisches Leben; sie werden gegenwärtig auch in Nord- und Ostsyrien umgesetzt. Das ist der Hauptgrund dafür, dass unsere Regionen angegriffen werden.“ Doch Öcalan sei mehr als Gesellschaftstheoretiker, führte Osman weiter aus. „Er ist und bleibt der wichtigste politische Repräsentant der Kurdinnen und Kurden. Sein Rückhalt in der kurdischen Bevölkerung wie auch innerhalb anderer Gesellschaften ist ungebrochen. Die andauernde Isolation auf Imrali ist daher auch als Ausdruck der kurdenfeindlichen Kriegspolitik des türkischen Staates zu bewerten.“

Ignoranz des „Westens“

Schon vor Jahrhunderten habe sich das kurdische Volk gegenüber jenen verteidigen müssen, für die sie als „Feinde“ gelten. Diese Mentalität der Aggressoren sei bis heute gleichgeblieben. „Ihr Ziel ist es, die kurdische Existenz zu vernichten. Doch wir haben uns verändert. Wir sind nicht mehr die Kurd:innen von gestern. Wir haben ein demokratisches Projekt, um dessen Erhalt wir bereit sind zu kämpfen.“ Kritisch äußerte sich Osman auch über Ignoranz des „Westens“ angesichts politischer Vernichtungsfeldzüge der Türkei im eigenen Land, die sich gegen kurdische Politikerinnen und Politiker richteten, sowie den Einsatz von chemischen Waffen gegen die Guerilla in der Kurdistan-Region Irak. „All diese Instrumente werden eingesetzt, um unser Volk vollständig zu isolieren. Wir rufen unsere Menschen daher auf, den Widerstand gegen die Unterdrückung des faschistischen türkischen Regimes auf eine neue Stufe anzuheben. Die Freiheit von Rêber Apo bedeutet auch unsere Freiheit. Die Isolation auf Imrali muss durchbrochen werden.“