Ein Frauendorf in Rojava: JINWAR lebt!
Das Frauendorf JINWAR in Nordsyrien ist zum Leben erwacht und wächst jeden Tag. In Hannover und Bonn wird eine Bilderausstellung begleitet von Veranstaltungen gezeigt.
Das Frauendorf JINWAR in Nordsyrien ist zum Leben erwacht und wächst jeden Tag. In Hannover und Bonn wird eine Bilderausstellung begleitet von Veranstaltungen gezeigt.
Das JINWAR-Komitee und die feministische Kampagne „Gemeinsam Kämpfen” haben vor einem Jahr eine Bilderausstellung über die Entstehung und das Leben im ökologischen Frauendorf JINWAR in Nordsyrien konzipiert. Seitdem ist im Dorf viel passiert und auch die Ausstellung ist immer wieder erweitert worden.
JINWAR ist zum Leben erwacht und wächst jeden Tag. Es werden nicht nur immer mehr Frauen und Kinder, die im Dorf leben und den Alltag gestalten, mehr Diskussionen, Fortbildungen und Kurse, sondern auch mehr Arbeit und Verantwortung.
Die Sommerferien sind zu Ende und die Kinder kehren wieder in ihre bunten Klassenzimmer zurück. Sie sind traurig, dass die freie Sommerzeit vorbei ist, aber voller Tatendrang, gemeinsam neue Sachen zu lernen. Im Sommer gab es viele Picknicks auf dem großen Platz, die Kinder tollten in dem Wasserbecken oder auf dem Spielplatz herum, halfen bei den alltäglichen Arbeiten oder bei Vorbereitungen für Feste und gemeinsame Abende.
Es gab viele gesellschaftliche Zusammenkommen in JINWAR. So wurde der der internationale Frauenkampftag am 8. März mit vielen Frauen aus der Region gemeinsam gefeiert. Aber nicht nur zu Festlichkeiten kommen Bewohnerinnen und Besucherinnen in JINWAR zusammen, sondern auch für gemeinsame Abende mit Tanz, Musik und Gesang, ebenso wie für Diskussionen, Seminare und die alltägliche Arbeit.
Der Garten wächst und trägt Unmengen an Früchten und Gemüse, die geerntet und verarbeitet werden müssen. Gemeinsam wird Gemüse getrocknet, Bulgur gekocht und Hermel, der Samen und das Symbol von JINWAR, gesammelt, um kleine Geschenke für Freundinnen und Besucherinnen zu basteln. Es wird Brot gebacken und gemeinschaftlich gekocht.
Ein weiteres wichtiges Projekt ist das Naturheilzentrum für Frauen mit dem Namen „Sifa Jin“. Aus Zeit- und Ressourcengründen gab es hierfür noch keine offizielle Eröffnungsfeier. Aber auch hier haben die Arbeiten schon begonnen. Es wird zu natürlichen und alten Heilmethoden geforscht, die in dieser Region noch bekannt sind. Dafür machen die Frauen auch gemeinsame Ausflüge an andere Orte. Die Frauen besuchten beispielsweise gemeinsam eine alte weise Frau, die mit ihnen ihr Wissen teilte. Dieses Wissen gaben sie wiederum weiter an alle Frauen aus dem Dorf.
Alle Frauen haben eine oder mehrere Aufgaben in dem Dorf. Manche sind für das Dorf in politischen Vertretungen aktiv, andere backen Brot, ernten und trocknen Gemüse, wieder andere organisieren Fortbildungen oder Sprachkurse. Es gibt genug zu tun und jede einzelne Arbeit und jede einzelne Frau sind wichtig für das Zusammenleben.
In einem Brief aus JINWAR heißt es dazu:
„Es sind so viele essentielle und einfache Dinge, die uns und unser Dorf jeden Tag am Leben halten. Diese sind es auch, die uns mit unseren Wurzeln verbinden und kommunales Leben ausmachen. Die Basis der Gesellschaft besteht aus jeder Person, jedem Mitglied oder jede*r Bürger*in, die Verantwortung übernehmen und das Leben in der Gemeinschaft organisieren. Auf ihrem Weg der Befreiung von den Ketten der patriarchalen Unterdrückung finden Frauen in dieser Gemeinschaft ihre eigenen Wurzeln und nehmen eine Vorreiterrolle ein. Sie werden wieder zu freien Menschen, Quelle des Wissens und Inspiration für die Gesellschaft.
In JINWAR verteidigen wir diese Werte und lernen jeden Tag, wie wir sie in die Praxis umsetzen, auch wenn das nicht immer einfach ist und eine kontinuierliche Auseinandersetzung erfordert.”
Es gab auch kritische Momente. Im Juli brachen in vielen Gebieten in Nord- und Ostsyrien - besonders in den Gebieten der Selbstverwaltung - Brände aus. Einige mögen Unfälle sein, aber die meisten waren absichtlich gelegt worden. Die Frauen von JINWAR mussten zweimal das Dorf gegen die Brände schützen. Und auch die drohenden Angriffe der Türkei sind immer präsent.
Zurzeit stehen die Wintervorbereitungen an. Das Dorf muss sich rüsten gegen kalte Tage, Wind und Regen. Dafür werden alle Kräfte benötigt. Teils helfen auch Menschen von außerhalb dem Dorf. Trotz des kommenden Winters wird das Dorf aber nicht kälter, grauer und stiller. Es lebt von dem Zusammenleben und bleibt auch in diesen Monaten bunt, lebendig und warm.
All diese Entwicklungen sind in der erweiterten JINWAR-Ausstellung zu sehen. Sie versucht, das Leben im Frauendorf in Bildern auszudrücken und einen Teil von der Freude, dem Kampf und dem Alltag zu den Menschen nach Deutschland zu bringen. Um die Bilder zu unterstützen, sprechen Frauen, die JINWAR besucht oder sich eine Zeitlang dort aufgehalten haben, gerne über ihre Erfahrungen oder begleiten die Besucher*innen durch die Ausstellung.
Nächste Termine für die Ausstellung, Vorträge und Führungen sind:
Hannover (Pavillon) 1.-20. Oktober
1. Oktober, 19 Uhr: Ausstellungseröffnung und Bericht mit Vertreterinnen der Kampagne „Gemeinsam Kämpfen”
11. Oktober, 18.30 Uhr: Diskussion im Rahmen der Ausstellung zu feministischen Utopien
Bonn (kult41, Hochstadtring 41, 53119 Bonn) 17. Oktober bis 10. November
17. Oktober, 20 Uhr: Vernissage „JINWAR – ein ökologisches Frauendorf in Syrien”, Eröffnung der Fotoausstellung mit Dokumentarfilm über die Frauenrevolution in Rojava/Nordsyrien
10. November, 15 Uhr: Finissage mit Delegationsbericht einer Vertreterin der feministischen Kampagne „Gemeinsam Kämpfen”
Bei Interesse an der Ausstellung kann über [email protected] Kontakt aufgenommen werden.