Dokumentarfilmerin Sibel Tekin von Terrorvorwurf freigesprochen

Die Dokumentarfilmerin Sibel Tekin ist vom Vorwurf der Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation freigesprochen worden. Angeklagt worden war sie wegen der versehentlichen Aufnahme eines Polizeitransporters.

Die Dokumentarfilmerin Sibel Tekin ist in der Türkei vom Vorwurf der Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation freigesprochen worden. Es gebe keine ausreichenden Beweise für die Anschuldigungen, entschied ein Gericht in Ankara am Dienstag. Wie ihre Rechtsvertretung vom Verein für Medien und Recht (MLSA) bestätigte, sind damit auch die Ausreisesperre und Meldeauflagen gegen Tekin aufgehoben worden.

Tekin war Ende 2022 in Ankara festgenommen und kam für rund sechs Wochen in Untersuchungshaft. Anlass war die Aufnahme eines Polizeitransporters bei Filmarbeiten für eine Dokumentation über die Zeitumstellung im Sommer und Winter. Bei der nächtlichen Durchsuchung ihrer Wohnung hatte die Polizei zwei Computer, Speicherplatten, eine Kamera und mehrere Bücher beschlagnahmt.

Im staatsanwaltschaftlichen Verhör war der 46-Jährigen im Zuge einer Sichtung früherer Aufnahmen, unter anderem aus Dersim in Nordkurdistan, vorgeworfen worden, Mitglied einer „bewaffneten Terrororganisation“ zu sein. Zwei Wochen später wurde dem Gericht bereits die Anklageschrift vorgelegt. Darin hieß es, Tekin habe den Polizeitransporter nicht wie behauptet versehentlich mit ihrer Kamera eingefangen, sondern „willentlich und wissentlich zu Ausspähzwecken auf Anweisung der Organisation gefilmt“.

Die 26. Strafkammer von Ankara sah dafür nun keine Beweise. Die Staatsanwaltschaft hatte bis zu 15 Jahre Haft gegen Tekin gefordert und sogar beim türkischen Geheimdienst MIT anfragen lassen, ob die Filmemacherin beobachtet werde. Für welche „Terrororganisation“ Tekin angeblich tätig gewesen sei, darauf konnte sich Staatsanwaltschaft und Polizei aber bis zuletzt nicht einigen. Organisationen aus der Filmbranche und die Zivilgesellschaft hatten das Verfahren als absurden Schauprozess einer „politischen Justiz“ bezeichnet.

Sibel Tekin ist 1977 in der zentralanatolischen Provinz Kırşehir geboren worden und als „Archivarin von Ankara“ bekannt. Sie hat zahlreiche gesellschaftliche Ereignisse mit ihrer Kamera dokumentiert, so etwa den Gezi-Aufstand 2013, den Streik der Tabakarbeiter 2009/2010 und den Anschlag vom 10. Oktober 2015 in Ankara. Von 2000 bis 2007 hat Tekin unter anderem für den staatlichen Sender TRT gearbeitet.