Der Haftbefehl gegen die Dokumentarfilmerin Sibel Tekin ist aufgehoben worden. Ein Gericht in Ankara ordnete am Montag die Entlassung der 45-Jährigen aus dem Frauengefängnis Sincan an, verfügte jedoch ein Ausreiseverbot und Meldeauflagen. Der Prozess, der an der 26. Strafkammer von Ankara anhängig ist, wird am 23. Februar fortgesetzt.
Sibel Tekin war Mitte Dezember in ihrer Wohnung in Ankara festgenommen. Anlass war die Aufnahme eines Polizeitransporters bei Filmarbeiten für eine Dokumentation über die Zeitumstellung im Sommer und Winter. Bei der nächtlichen Durchsuchung ihrer Wohnung hatte die Polizei zwei Computer, Speicherplatten, eine Kamera und mehrere Bücher beschlagnahmt.
Im staatsanwaltschaftlichen Verhör wurde Tekin im Zuge einer Sichtung früherer Aufnahmen, unter anderem aus Dersim in Nordkurdistan, vorgeworfen, Mitglied einer „bewaffneten Terrororganisation“ zu sein. Zwei Wochen später wurde dem Gericht bereits die Anklageschrift vorgelegt. Darin heißt es, Tekin habe den Polizeitransporter nicht wie behauptet versehentlich mit ihrer Kamera eingefangen, sondern „willentlich und wissentlich zu Ausspähzwecken auf Anweisung der Organisation gefilmt“. Für welche „Organisation“ Tekin angeblich tätig sei, darauf können sich Staatsanwaltschaft und Polizei bis heute nicht einigen.
Sibel Tekin ist 1977 in der zentralanatolischen Provinz Kırşehir geboren und als Archivarin von Ankara bekannt. Sie hat zahlreiche gesellschaftliche Ereignisse mit ihrer Kamera dokumentiert, so etwa den Gezi-Aufstand 2013, den Streik der Tabakarbeiter 2009/2010 und den Anschlag vom 10. Oktober 2015 in Ankara. Von 2000 bis 2007 hat Tekin unter anderem für den staatlichen Sender TRT gearbeitet.