„Die Geschichte zu kennen, heißt die Kämpfe fortführen zu können“

Die feministische Kampagne „Gemeinsam Kämpfen" hat gemeinsam mit der Geschichtswerkstatt Matilda J. Gage zur Veranstaltung „Die Geschichte zu kennen, heißt die Kämpfe fortführen zu können“ eingeladen.

Am Montag fand in Hamburg das monatliche FLINTA-Café der feministischen Organisierung „Gemeinsam kämpfen für Selbstbestimmung und demokratische Autonomie“ unter dem Motto „Die Geschichte zu kennen, heißt die Kämpfe fortführen zu können“ im Stadtteilzentrum Kölibri statt. Gemeinsam mit der Geschichtswerkstatt Matilda J. Gage wurde zu der Bedeutung von Geschichte für heutige Kämpfe diskutiert. Dabei wurde das Wimmelbild „Die unendliche Geschichte“ vorgestellt: Dies entstand als künstlerische Auseinandersetzung mit der historischen Entwicklung von Widerstand und Unterdrückung vor allem im europäischen Raum. Es vermittelt den jetzigen Forschungsstand der Gruppe. Die Namensgeberin Matilda J Gage war eine feministische Kämpferin aus den USA, die auch in der Bewegung gegen Sklaverei aktiv war.

 

Zu Beginn der Veranstaltung wurde die Geschichtswerkstatt Matilda J Gage kurz vorgestellt. Sie ist eine autonome Forschungsgruppe, die sich zum Ziel gemacht hat, Geschichte aus Sicht der Unterdrückten – insbesondere der Frauen und nichtbinären Menschen – zu erforschen und zu erzählen. Dabei werde sich auf Methoden der kurdischen Bewegung und der Jineoloĵi bezogen, so die Referentin. Es werde versucht, der männlichen Perspektive und dem Eurozentrismus etwas entgegenzusetzen.

Die Referentin der Geschichtswerkstatt berichtete davon, dass für die autonome Forschungsgruppe nicht nur die Inhalte bedeutend seien, sondern auch die Art und Weise der Wissensvermittlung. Zentral sei, das Wissen auch wieder in die Gesellschaft zu tragen und zu diskutieren. Damit eine andere Perspektive als die der Herrschenden erzählt werden könne, sei es wichtig, gesellschaftliche Dokumente wie Lieder oder lokale Märchen miteinzubeziehen.

Die Geschichtswerkstatt setzt dabei an dem Zeitpunkt der Entstehung des Patriarchats vor etwa 5000 bis 6000 Jahre an. Dies sei auch die Grundlage für die Entstehung der Klassengesellschaft gewesen. „Diese Entwicklung hat sich zur Zeit der Entstehung des Kapitalismus vor 500 Jahren noch einmal extrem zugespitzt: Kolonialisierung, Niederschlagung der Bauernaufstände und die Hexenverfolgung“, fasste die Referentin zusammen. Auf dem Wimmelbild sehe man zum einen diese Geschichte der Herrschaft und zum anderen die Geschichte des Widerstandes. Dies ist durch zwei Flüsse symbolisiert.

Im weiteren Verlauf des Abends wurden die Inhalte des Wimmelbildes erarbeitet. Dabei teilten Teilnehmenden ihr Wissen und konnten auch Fragen zu historischen Ereignissen stellen.

So kam es unter anderem zu Gesprächen über die Neandertaler:innen, die Götting Perchta und die Bauernaufstände. Hierbei wurde die Rolle von Margarete Renner als eine der Anführer:innen der Baueraufstände hervorgehoben. Es wurde auch über Geschichte der Roten Zora – eine militante feministische Gruppe der 70er und 80er Jahren in der BRD – diskutiert. Gleichzeitig wurde über historisch gewachsene Herrschaft und Unterdrückung gesprochen wie über die Hexenverfolgung – der größte Feminizid Europas. Ein weiterer historischer Prozess, der diskutiert wurde, war die Flurbereinigung. Dies bezeichne die Umstrukturierung des ländlichen Raumes nach dem 2. Weltkrieg, dabei sei die Landwirtschaft industrialisiert und zentralisiert worden, so berichtete eine Teilnehmerin. Verantwortlich dafür sei Konrad Meyer-Hetling gewesen, der im Nationalsozialismus die Vertreibung und den Mord der Landbevölkerung in Osteuropa im Zuge des Generalplans Ost geplant habe.

In der Diskussion wurde analysiert, dass in der heutigen Linken die Auseinandersetzung mit der Geschichte von Unterdrückung und Widerstand nicht mehr selbstverständlich zu sein scheint. Dieser Entwicklung könne durch Projekte wie Matilda J Gage etwas entgegengesetzt werden.