Cenî fordert Freilassung von Semra Güzel

Nach der Verhaftung der HDP-Abgeordneten Semra Güzel in Istanbul ruft das Kurdische Frauenbüro für Frieden – Cenî zur Solidarität auf und fordert die Freiheit aller politischen Gefangenen.

Die Proteste gegen die Verhaftung der HDP-Abgeordneten Semra Güzel in der Türkei reißen nicht ab. Das in Düsseldorf ansässige Kurdische Frauenbüro für Frieden – Cenî verurteilt die Inhaftierung der kurdischen Politikerin und Ärztin. Die türkische Regierung sei ein Männerbund, „der frauenfeindliche Täter und Dschihadisten schützt und gleichzeitig an jeder Front Frauen bekriegt, die für ein freies Leben kämpfen“, erklärte der Verein am Montag in einer Mitteilung und rief zur Solidarität mit Semra Güzel und allen politischen Gefangenen auf. 

Semra Güzel war am Freitag in Istanbul festgenommen und einen Tag später auf Anordnung eines Gerichts in Ankara verhaftet worden. Grundlage ist ein Strafverfahren wegen des Verdachts der „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ und Landesverrat, der sich anhand von Fotos begründen soll, die Güzel mit ihrem ehemaligen Verlobten zeigen, einem 2017 durch einen türkischen Luftangriff ums Leben gekommenen Guerillakämpfer. Um den Weg für die Anklage freizumachen, war der Abgeordneten im März die parlamentarische Immunität entzogen worden. In Gewahrsam wurde sie von der Polizei misshandelt, was auch vom türkischen Innenministerium verbreitete Videoaufnahmen zeigen. Inzwischen wurde sie in das berüchtigte Silivri-Gefängnis überführt.

Mediale Schmutzkampagne

„Begleitet wurden die Geschehnisse von einer medialen Schmutzkampagne im türkischen Fernsehen, in der die kurdische Abgeordnete unter falschen Vorwürfen dämonisiert und als Terroristin dargestellt wird“, betont Cenî. Es wird etwa behauptet, Güzel sei beim Versuch, mit falschem Pass und Perücke das Land zu verlassen, gefasst worden. Dabei wurde sie in Istanbul auf offener Straße festgenommen. Die mediale Diffamierungskampagne gegen Güzel läuft seit Monaten und wird offenbar im Innenministerium koordiniert. Ihre Festnahme war vom türkischen Innenminister Süleyman Soylu über Twitter bekanntgegeben und als „erfolgreiche Operation“ gelobt worden.

AKP/MHP-Regime ist frauenfeindlich und antifeministisch

Das Frauenbüro Cenî zeigte sich empört: „Der Fall von Semra Güzel reiht sich ein in eine lange Kette von Versuchen, den Willen von Widerstand leistenden Frauen im Land zu brechen, diese einzuschüchtern, zu kriminalisieren und mundtot zu machen. Er zeigt wieder einmal das frauenfeindliche und antifeministische Gesicht der faschistischen AKP/MHP-Regierung, die seit Jahren auf verschiedensten Ebenen ein Krieg gegen Frauen und queere Menschen führt – sei es durch Angriffe auf die Selbstverwaltung in Rojava, Gewalt auf feministischen Demos oder Kriminalisierung von Aktivist*innen. Während Frauenmörder und Vergewaltiger freigesprochen werden und seit letztem Jahr auch die Istanbul-Konvention nicht mehr gilt, werden Feminist*innen, Politiker*innen, Journalist*innen und Aktivist*innen festgenommen und zu jahrelangen Haftstrafen verurteilt.“

Dem Widerstand Gehör verschaffen

Cenî appeliert an feministische Organisationen und alle Frauenbewegungen, Solidarität zu zeigen und Stellung zu beziehen. „Während die Regierungen europäischer Länder zum NATO-Partner Türkei stehen und kaum ein Wort verlieren zur frauenfeindlichen Politik der Türkei oder ihren Angriffen auf Zivilist*innen und zivile Strukturen, sollten gerade Feminist*innen, Friedensaktivist*innen und Linke sich solidarisch mit Kurd*innen und allen Oppositionellen, die von der Gewalt des türkischen Staates betroffen sind, zu positionieren. Lassen wir nicht zu, dass der türkische Staat den Willen der Frauen bricht. Geben wir allen kämpfenden Frauen und politischen Gefangenen eine Stimme, verschaffen wir ihrem Widerstand Gehör!

Um es mit den Worten von Semra Güzel aus ihrer ersten Botschaft aus dem Gefängnis abzuschließen: „Seid euch sicher, wir werden gewinnen; die Hoffnung, der Frieden, die Frauen und Völker werden gewinnen.“