Cênî: Beharren wir auf den Frieden!

Das kurdische Frauenbüro für Frieden hat eine Erklärung zu Abdullah Öcalans Aufruf veröffentlicht. Es geht hierbei darauf ein, dass dieser in Bezug zur aktuellen Situation Fragen ausgelöst haben könne und stellt die Bemühungen für Frieden ins Zentrum.

Kurdisches Frauenbüro für Frieden

In einer aktuellen Erklärung von Cênî, dem kurdische Frauenbüro für Frieden, wird der Aufruf des kurdischen Vordenkers Abdullah Öcalan für Frieden und eine demokratische Gesellschaft in Bezug zum aktuellen Handeln der türkischen Regierung gesetzt. Es wird betont, dass neben bestimmten Bedingungen, die von deren Seite aus nun hergestellt werden müssten, es vor allem ein Aufruf an die Zivilgesellschaft sei.

Am 27. Januar rief der seit nunmehr 26 Jahren inhaftierte Repräsentant der kurdischen Bewegung die PKK dazu auf, ihre Waffen niederzulegen und sich aufzulösen, sobald die Bedingungen für einen Demokratisierungsprozess gegeben seien. Cênî schreibt hierzu: „Vor allem ist er als Aufruf an alle Teile der Zivilgesellschaft zu verstehen, gemeinsam mit demokratischen Verbündeten und mit einem gestärkten Willen den Weg des Friedens zu beschreiten.“

Die Türkei ist in der aktuellen Phase kein vertrauenswürdiger Verhandlungspartner“

Das kurdische Frauenbüro für Frieden ging in seiner Erklärung auch auf Unsicherheiten ein, die der Aufruf erzeugt haben kann: „Angesichts dieser Phase, in der der türkische Staat pausenlos Angriffe in Rojava und Südkurdistan durchführt und kurdische Oppositionelle in der Türkei zu Dutzenden verhaftet, hat der Aufruf zur Auflösung und Entwaffnung der PKK für viele Fragezeichen gesorgt. Es ist klar, dass die Türkei in der aktuellen Phase kein vertrauenswürdiger Verhandlungspartner ist, nicht aus edlen Motiven handelt und erst gewisse Schritte unternehmen muss, damit der Beginn eines Prozesses gewährleistet werden kann. Die PKK machte auch schon deutlich, dass eine Entwaffnung von heute auf morgen nicht denkbar ist, solange die repressiven und undemokratischen Zustände und vor allem die Bedingungen der Gefangenschaft Öcalans so bestehen bleiben.“

Beharren wir auf den Frieden!“

Im Fokus müsse nach Cênî jedoch stehen, die Bemühungen für Frieden und Befreiung unter allen Umständen fortzusetzen: „Der staatliche Terror in Kurdistan hat unvorstellbares Leid, Krieg und Unterdrückung hervorgebracht. Der Widerstand, den die kurdische Freiheitsbewegung seit mehr als 46 Jahren leistet, war zum einen der bewaffnete Kampf, für den unzählige Menschen ihr Leben geopfert haben und gefallen sind – wir gedenken der Gefallenen des Befreiungskampfes mit Respekt und Liebe. Auf der anderen Seite war es der Kampf der Gesellschaft, insbesondere der Frauen, die sich jedem Tag dem staatlichen Terror und den Repressionen widersetzen. Mit dem Aufruf von Rêber Abdullah Öcalan wird deutlich, dass der Gesellschaft in dieser kommenden Phase eine große Aufgabe bevorsteht.“

Auf die eigenen Prinzipien vertrauen

Es sei in dieser Phase von besonderer Bedeutung, den Prinzipien von Frauenbefreiung, Ökologie und Selbstbestimmung treu zu bleiben auf ihrer Grundlage vereint zu kämpfen. Die Jahrzehnte des Krieges haben laut dem kurdischen Frauenbüro für Frieden gezeigt, dass der Staat Femizid, patriarchale Gewalt, Ökozid und psychologische Kriegsführung als Waffen gegen die Gesellschaft einsetze. Die Antwort hierauf liege in einer konsequenten Haltung: „Als Cênî betonen wir immer wieder, dass Frauen und die Jugend die Hauptleidtragenden des Krieges sind – sie sind besonders betroffen von der Gewalt, von der Zerstörung der Natur, von der allgegenwärtigen Normalisierung von Krieg und Militarismus. Deshalb kann es keine Befreiung und keinen Frieden ohne die Beteiligung von Frauen geben. Ohne den Erfahrungsschatz der feministischen und Frauenbewegungen, ohne eine Haltung gegen Krieg, Militarismus, staatliche und patriarchale Gewalt, und ohne einen aktiven Widerstand gegen die Kriegslogik des kapitalistischen und patriarchalen Systems wird es keinen Frieden geben.“

Die gesamte Gesellschaft ist gefragt

In seinem Aufruf erklärte Abdullah Öcalan: „Respekt für Identitäten, freie Selbstdarstellung und demokratische Selbstorganisation jedes einzelnen Gesellschaftsteils auf der Grundlage ihrer eigenen sozioökonomischen und politischen Strukturen sind nur durch die Existenz einer demokratischen Gesellschaft und eines politischen Raums möglich.“ Cênî schließt hieraus, dass nur durch die Bemühungen der gesamten Gesellschaft eine demokratische Transformation möglich sei. Sie wollen hierbei Demokratisierung nicht im staatlichen Sinne verstanden wissen und beziehen sich auf Aussagen der Ko-Vorsitzenden der DEM-Partei, Tülay Hatimoğulları. Ihr zufolge habe der 75-Jährige in den Gesprächen mit der Imrali-Delegation auf der Verbindung zwischen Demokratie und Frauenbefreiung bestanden. Frauen müssten demnach in den gesellschaftlichen Wandel einbezogen sein, um Gleichberechtigung, Freiheit und Demokratie zu erreichen.

Aufruf an feministische Bewegungen

Die Erklärung von Cênî endet mit einem Aufruf: „In diesem Sinne und mit diesem Geist rufen wir alle feministischen Bewegungen dazu auf, am 8. März und zum kurdischen Neujahrsfest Newroz am 21. März die Straßen mit ihren Appellen für Frieden und Freiheit zu füllen. Uns kommt jetzt eine historische Rolle zu – wenn wir uns vereinen, wenn wir kämpfen, können wir das System der Gewalt und des Krieges erschüttern, und eine bessere Welt schaffen, in der die Gesellschaft über sich selbst bestimmt und sich selbst organisiert.

Jin Jiyan Azadî!“