Bilanz für Juni: 18 Femizide in der Türkei

Im Juni sind in der Türkei mindestens 18 Frauen Opfer eines Femizids geworden. Zwanzig weitere Frauen wurden auf verdächtige Weise tot aufgefunden.

Die Plattform „Kadın Cinayetlerini Durduracağız” (KCDP) hat ihre Femizid-Bilanz für Juni vorgelegt. Laut dem Bericht aus allen polizeilich erfassten und medial veröffentlichten Morden an Frauen wurden im Vormonat mindestens 18 Frauen in der Türkei Opfer eines Femizids. Zwanzig weitere Frauen wurden auf verdächtige Weise tot aufgefunden.

Den Recherchen von KCDP zufolge sind zehn der Femizid-Opfer von gewalttätigen Ehemännern ermordet worden. Acht Frauen wurden von ihren Lebensgefährten, Ex-Partnern, Vätern oder anderen männlichen Verwandten bzw. Bekannten getötet. Die meisten Frauenmorde fanden im häuslichen Umfeld oder auf der Straße statt, am häufigsten benutzten Täter Schusswaffen.

Die Motive

Wie aus der Bilanz hervorgeht, konnten in zwölf Fällen die Hintergründe der Femizide nicht ermittelt werden. Dies sei darauf zurückzuführen, dass patriarchale Gewalt und Frauenmorde in der Türkei unsichtbar gemacht würden: „Solange nicht festgestellt wird, von wem und warum Frauen ermordet werden, solange es keine fairen Gerichtsverfahren gibt, die Täter keine abschreckenden Strafen erhalten und keine vorbeugenden Maßnahmen angewendet werden, wird die Gewalt weitergehen.“

In vier weiteren Fällen wurden Frauen getötet, weil sie sich entweder scheiden lassen wollten, eine Beziehung mit den Tätern verweigerten oder eine Versöhnung mit ihren Partnern ablehnten. Zwei weitere Frauen wurden unter ökonomischen Vorwänden getötet.

Die Plattform unterstreicht in ihrem Bericht zudem, dass verdächtige Todesfälle, die medial oder in Polizeiberichten als Selbstmord oder natürlicher Tod präsentiert werden, seit Ausbruch der Covid-19-Pandemie stark angestiegen sind. Darauf weist die Organisationen seit Monaten in ihren Statistiken hin und fordert eine sorgfältige Aufklärung dieser Fälle. Denn die Erfahrung zeige, dass Täter oft Szenen konstruierten, um Femizid als Selbstmord, Unfall oder natürlichen Tod aussehen zu lassen. 

KCDP

Die Plattform Kadın Cinayetlerini Durduracağız („Wir werden Frauenmorde stoppen”, kurz KCDP) ist eine türkische Frauenrechtsorganisation, die Gewalt gegen Frauen erfasst und sich zur Aufgabe gemacht hat, öffentlich über Feminizide aufzuklären und diese zu verhindern. In erster Linie setzt sich die Plattform für die Erhaltung des Lebens und für alle Frauenrechte ein. Die Gründerinnen sind Familienangehörige der ermordeten Frauen, Frauen von verschiedenen Parteien, Institutionen, Gewerkschaften, anderen Vereinen, aber auch nicht organisierte interessierte Frauen. Der vollständige Bericht für den Monat Juni kann auf der Webseite der Organisation eingesehen werden.