Aysel Tuğluk wegen Covid-19-Erkrankung im Krankenhaus

Die trotz schwerer Demenzerkrankung inhaftierte kurdische Politikerin Aysel Tuğluk ist wegen ihrer Covid-19-Erkrankung in ein Krankenhaus gebracht worden.

Die in der Türkei inhaftierte kurdische Politikerin Aysel Tuğluk ist wegen ihrer Covid-19-Erkrankung in ein Krankenhaus gebracht worden. Das teilte Tuğluks Zellengenossin Figen Yüksekdağ beim heutigen Verhandlungstag im sogenannten Kobanê-Prozess mit. Die ehemalige Ko-Vorsitzende der HDP nahm an dem in Ankara geführten Verfahren über eine Liveschaltung aus dem Hochsicherheitsgefängnis Kandıra in der westtürkischen Provinz Kocaeli teil.

„Sie wurde in die Notaufnahme geschickt“, sagte Yüksekdağ. Tuğluk habe auch mehr als drei Wochen nach ihrem positiven Corona-Text noch „hartnäckige Symptome“. Bedingt durch die schlechten Haftbedingungen habe sie sich nicht erholen können, im Gegenteil. „Ihr Gesundheitszustand verschlechtert sich zusehends“, so die Politikerin.

Tuğluk wurde am Freitagfrüh in eine Klinik in Kocaeli gebracht, Angaben zu ihrer körperlichen Verfassung machte die Einrichtung bislang nicht. Ihre Infektion mit dem Virus hatte der Rechtsbeistand der 57-Jährigen am 16. August bekannt gemacht, auch Figen Yüksekdağ und die Mitgefangene Laleş Çeliker waren erkrankt. Alle drei Frauen wurden daraufhin in eine „Quarantänezelle“ verlegt, Yüksekdağ und Çeliker haben sich inzwischen wieder erholt.

Trotz fortschreitender Alzheimer-Demenz weiter in Haft

Aysel Tuğluk gehört zu den Risikogruppen in der Corona-Pandemie, da sie an einer chronischen und fortschreitenden Alzheimer-Demenz leidet. Das stellte ein von neun Fachleuten erstelltes Gutachten der forensischen Abteilung der Universität Kocaeli im Frühjahr 2021 fest. Sie sei nicht länger haftfähig und müsse sofort aus dem Gefängnis entlassen werden, urteilte das Sachverständigengremium. Das Istanbuler Institut für Rechtsmedizin (ATK), eine Einrichtung des Justizministeriums, hat eine gegenteilige Feststellung getroffen und sah bisher keinen Grund für eine Aussetzung des Strafvollzugs.

Seit 2016 im Gefängnis

Tuğluk, die vor ihrer politischen Laufbahn als Rechtsanwältin arbeitete und Mitbegründerin des Menschenrechtsvereins IHD ist, befindet sich seit Ende 2016 unter Terrorvorwürfen in Haft. In mehreren Verfahren wurde sie bereits verurteilt, andere Prozesse sind noch anhängig. Im Februar 2020 bestätigte der türkische Berufungsgerichtshof die bislang höchste Freiheitsstrafe gegen Tuğluk über zehn Jahre Haft. Verurteilt wurde sie aufgrund ihrer Funktion als Ko-Vorsitzende des Graswurzelbündnisses „Demokratischer Gesellschaftskongress” (KCD) wegen „Leitung einer Terrororganisation“. Im Oktober 2021 folgte ein Urteil über zwanzig Monate Freiheitsstrafe gegen die frühere Parlamentsabgeordnete wegen vermeintlicher Terrorpropaganda in den Jahren 2012 und 2013. Im sogenannten Kobanê-Prozess in Ankara droht ihr eine erschwerte lebenslange Haftstrafe.