Als Busfahrerin in Kurdistan

Nefise Alkan war eine von vier Busfahrerinnen in Erdîş, die nach der Übernahme der Kreisverwaltung durch einen Zwangsverwalter entlassen wurden. Jetzt hat sie sich einen eigenen Minibus gekauft.

In Erdîş (Erciş) in der Provinz Wan (Van) hatte die DBP-Kreisverwaltung vier Frauen als Busfahrerinnen eingestellt, um die Teilnahme von Frauen am Arbeitsleben zu fördern. Nefise Alkan war von der später abgesetzten und verhafteten Ko-Bürgermeisterin Diba Keskin dazu ermutigt worden, diesen für Frauen in Kurdistan ungewöhnlichen Beruf zu ergreifen. Nach der Übernahme der Kreisverwaltung durch einen Zwangsverwalter wurden alle Busfahrerinnen entlassen.

Nefise Alkan wollte ihren Beruf nicht aufgeben und kaufte sich selbst einen Minibus, mit dem sie jetzt Fahrgäste zwischen dem Stadtzentrum und dem Viertel Örene befördert.

Tausende Menschen seien wie sie ohne Begründung durch die eingesetzten Zwangsverwalter entlassen worden, erklärt Nefise Alkan: „Das ist eine große Ungerechtigkeit. Ich glaube an Allah, aber in der Türkei wird Politik über Religion gemacht. Ständig hören wir religiöse Propaganda, aber einem Menschen den Arbeitsplatz wegzunehmen, ist weder gerecht noch religiös.“

Sie liebe ihren Beruf, fährt sie fort: „Ich darf nicht mehr Bus fahren, dafür habe ich jetzt einen Minibus. Hätte ich den nicht, würde ich Fahrgäste mit einer Pferdekutsche transportieren.“

An ihrer Arbeit gefalle ihr besonders der Kontakt zu anderen Menschen. Daher habe sie auch keine Hilfskraft eingestellt, wie es sonst in Minibussen üblich ist: „Ich sammele das Fahrtgeld selbst ein, weil ich so direkt mit den Menschen kommunizieren kann. Das macht mich glücklich. Ich mache diese Arbeit auch, um den Menschen zu zeigen, dass Frauen dazu in der Lage sind.“

Vordersitze für Frauen

In der Region sei es üblich, dass Frauen in öffentlichen Verkehrsmitteln hinten sitzen, sagt Nefise Alkan. Mit dieser feudalen Tradition habe sie Schluss gemacht: „Die vorderen Sitze sind bei mir ausschließlich für Frauen reserviert.“

Das sei jedoch nicht die einzige Änderung, die sie eingeführt habe: „Bei uns können Frauen nicht einmal draußen einen Tee trinken gehen. Jetzt sitze ich jedoch häufig im Haltestellencafé und andere Frauen setzen sich zu mir, um entspannt einen Tee zu trinken oder eine Zigarette zu rauchen.“

MA / Uğur Atabay