Aktionen zur Walpurgisnacht in Hamburg

Die Kampagne „Gemeinsam Kämpfen“ hatte aufgerufen, zur diesjährigen Walpurgisnacht feministische Aktionen und Zusammenkünfte zu gestalten und an die Namen und Geschichten von Frauen, die als Hexen verfolgt wurden, zu erinnern.

In Hamburg wurde am Störtebeker Denkmal – ein historischer Ort öffentlicher Hinrichtungen – mit Schildern und Blumen, Katharina Hanen, Abelke Bleken, Mette Harden, und Cillie Hempels gedacht. Sie alle wurden wegen sogenannter „Zauberei“ als Hexen in Hamburg verbrannt. 

Die Hexenverfolgung forderte in Mitteleuropa 50.000 bis 60.000 Todesopfer. Zwei Drittel der Opfer waren weiblich. In Hamburg und seinen Ortsteilen wurden von 1444 bis 1738 entsprechend dem Hamburger Stadtrecht mindestens 101 Verfahren wegen „Schadenszaubers, der Giftmischerei oder zauberischer Wahrsage- und Heilkunst“ durchgeführt. Mindestens 81 der Prozesse führten zum Tod der Beschuldigten. Lediglich 14 der gefundenen Fälle endeten mit einer Freilassung, Landesverweis, Rutenschläge oder Flucht. Fast 50 deutsche Städte haben die Opfer des Hexenwahns inzwischen moralisch-ethisch rehabilitiert. Hamburg jedoch nicht.

„Wenn ein christlicher Mann oder Frau der/die ungläubig ist und mit Zauberei und Vergiftung umgeht und auf der frischen Tat ertappt wird, den/die soll man auf dem Scheiterhaufen verbrennen." (Hamburger Stadtrecht von 1497)

Auch an anderen Orten der Stadt wurde an Wäscheleinen Feminizide damals und heute thematisiert.

In einem Gedenktext heißt es: 

Walpurgisnacht – Ein paar Gedanken zur Verfolgung von „Hexen“ damals und heute

Es mag lange her erscheinen, dass Menschen in Europa systematisch als Hexen verfolgt, kontrolliert und zum Schweigen gebracht wurden. Mehrheitlich Frauen, aber auch Männern und Menschen, die sich weder als weiblich noch männlich verstanden, wurden „Hexenprozesse“ gemacht.

Wenn wir genauer hinschauen, sind es einige wenige Generationen, die uns von der Zeit der Hexenverfolgung trennen. Es sind unsere Vorfahren; die vor-uns-Erfahrungen. Und dabei wollen wir eins nicht vergessen: es dauerte viele Jahrhunderte lang, die kapitalistische, patriarchale Ordnung durchzusetzen. Und Menschen, mehrheitlich Frauen, die dagegen Widerstand leisteten, wurden als Hexen ermordet.

Verfolgt wurden Frauen* die aus der Logik des Patriarchats ausbrachen. Es waren Frauen, die sich auflehnten, die nicht klassischen Rollenbildern entsprechen wollten und es waren Frauen die gegen die massenhafte Privatisierung von Land Widerstand leisteten. Sie wehrten sich dagegen, dass der ländlichen Bevölkerung gemeinschaftlich genutztes Land (Allmenden) genommen wurde. Es waren selbstbestimmte Frauen, die hingerichtet wurden, Frauen die nicht heiraten wollten. Das Wissen über Gesundheit, Heilung, Fruchtbarkeit, Schwangerschaft, Geburt, Verhütung und Abtreibung lag in ihren Händen. Mit der Hexenverfolgung wurde ein Grundstein dafür gelegt, dass vieles von diesem Wissen zerstört und somit der Bevölkerung entrissen wurde. Es hatte die Verdrängung von Frauen aus dem Gesundheitsbereich zu Folge und machte die Ausbeutung von Frauen im Pflege- und Gesundheitswesen möglich.

Mehr denn je, sind wir heute damit konfrontiert, dass Frauen die Krise eines marode gewirtschafteten Gesundheitssystems ausbaden müssen und dabei ausgebeutet werden. Auch die Systematische Ermordung von Frauen (Feminizide) zieht sich bis heute. Feminizide sind in den letzten Jahren in der BRD und weltweit angestiegen. Frauen sollen damit ihrer Selbstbestimmung beraubt werden. Die Logik ist dabei ähnlich, wie bei der systematischen Ermordung der „Hexen“. Frauen, die nicht gehorchen, werden „bestraft“ und vernichtet: Indem sie aus der öffentlichen Sphäre vertrieben werden, staatliche Repression erfahren, ständigen Angriffen auf ihre Persönlichkeit ausgesetzt sind oder wie in unzähligen Fällen jedes Jahr ermordet werden. Das geschieht mal mit den Wörtern der Hexenverfolgung von damals, aber auch mit anderen frauenfeindlichen Argumenten von heute. In Zeiten von Corona ist die Gewalt gegen Frauen angestiegen. „Bleiben Sie zu Hause“ scheint da eine ganz einfache Aufforderung zu sein. Statistisch gesehen ist das Zuhause jedoch für Frauen der gefährlichste Ort. Auch Kinder und andere Gender sind betroffen von häuslicher Gewalt. Ausgangssperren, ökonomischer und emotionaler Stress, sowie „Aufeinanderhocken“ verschärfen die Situation und machen es Betroffenen noch schwerer sich zu wehren.

Mit unserer Wäscheleine greifen wir eine Aktionsform chilenischer Feminist*innen auf. Ihr findet hier Informationen zu Feminiziden, trans- und homofeindlicher Gewalt, Unterstützungsangebote, sowie Informationen zu Selbstverteidigung und feministischen Kämpfen weltweit. Die rote Kleidung symbolisiert und erinnert an diejenigen, die Opfer von patriarchaler Gewalt wurden.

!! Wir sind alle gefragt: Schaut und hört nicht weg, Gewalt ist nicht privat. Ihr seid nicht allein!!