Abgesetzte Bürgermeisterinnen aus der Haft entlassen

Die Ende 2019 unter Terrorvorwürfen verhafteten ehemaligen Bürgermeisterinnen der kurdischen Städte Qoser und Stewr, Nilüfer Elik Yılmaz und Gülistan Öncü, sind aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Der Prozess wird im Juni fortgesetzt.

Die vor rund anderthalb Jahren vom türkischen Innenministerium aus ihrem Amt entlassenen und durch einen Zwangsverwalter ersetzten Ko-Bürgermeisterinnen der kurdischen Städte Qoser und Stewr, Nilüfer Elik Yılmaz und Gülistan Öncü, sind aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Ein Gericht in der Provinzhauptstadt Mêrdîn (tr. Mardin) ordnete am Donnerstag die Freilassung der beiden HDP-Politikerinnen an, verfügte jedoch Meldeauflagen. Yılmaz und Öncü waren im November 2019 abgesetzt und in der Folge unter Terrorvorwürfen verhaftet worden. Den Frauen wird im Zusammenhang mit Aktivitäten für den zivilgesellschaftlichen Zusammenschluss „Demokratischer Gesellschaftskongress“ (KCD), Wahlkampfveranstaltungen und kommunalen Projekten „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ vorgeworfen.

Die Vorwürfe gegen die früheren Bürgermeisterinnen von Qoser und Stewr sind vage formuliert und beziehen sich auf die Aussagen von fünf Belastungszeugen, von denen drei anonymisiert sind. Am gestern stattgefundenen vierten Verhandlungstag waren weder Yılmaz noch Öncü persönlich im Gerichtssaal anwesend, sondern wurden über ein Videokonferenzsystem aus dem Frauengefängnis Tarsus zugeschaltet. Beide Politikerinnen wiesen die Anschuldigungen gegen sie erneut zurück und erklärten, aus politischen Motiven heraus verhaftet worden zu sein. Zudem kritisierten sie zahlreiche Vorwürfe aus der Anklageschrift als „kafkaesk“, darunter die Kriminalisierung der kurdischen Kommunalpolitik. So wird Yılmaz unter anderem zur Last gelegt, öffentliche Gelder über lokale Firmen an „die Terrororganisation“ – gemeint ist die PKK – weitergeleitet zu haben. „Wenn dem so wäre, sollte auch der Zwangsverwalter in diesem Prozess angeklagt werden, da er ebenfalls mit den in der Anklageschrift illegalisierten Firmen zusammenarbeitet.“

Gülistan Öncü mit Ko-Bürgermeister Mahsum Denktaş im September 2019

Entgegen dem Antrag der Staatsanwaltschaft, den Haftbefehl gegen Nilüfer Elik Yılmaz und Gülistan Öncü aufrechtzuerhalten, ordnete das Gericht die Freilassung der Politikerinnen an. Der Prozess wird am 22. Juni fortgesetzt.