Zwischenkonferenz von KON-MED: Gegenpol zum Vernichtungskonzept

Der bundesdeutsche Dachverband kurdischer Vereine hat bei seiner ersten Zwischenkonferenz des Jahres eine Ausweitung des Engagements gegen das PKK-Verbot in Deutschland und die kriegerische Aggression des türkischen Staates in Kurdistan angekündigt.

Die Konföderation der Gemeinschaften Kurdistans e.V. (KON-MED) hat im Rahmen ihrer ersten Zwischenkonferenz des Jahres eine Ausweitung des Engagements gegen das PKK-Verbot in Deutschland und die kriegerische Aggression des türkischen Staates gegen die kurdische Gesellschaft angekündigt. Ein weiterer zentraler Punkt auf der Agenda des bundesweiten Dachverbands kurdischer Vereine ist das Ende der Totalisolation des PKK-Begründers Abdullah Öcalan auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali und eine politische und demokratische Lösung der Kurdistan-Frage.

Die Konferenz mit hunderten Delegierten und Gästen kam am Sonntag in Köln zusammen. Es wurden aktuelle Ergebnisse aus den Aktivitäten der fünf Föderationen, durch deren Zusammenschluss KON-MED 2019 gegründet wurde, präsentiert und diskutiert. Darüber hinaus wurden die Beschlüsse der nächsten Konferenz vorbereitet. Selbstkritisch zeigte sich die Konferenzleitung mit der noch ausbaufähigen Kampagne „Justice for Kurds“. Im Rahmen der international geführten Kampagne werden weltweit Unterschriften für die Streichung der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) von den Listen terroristischer Organisationen der EU und der USA gesammelt. Die Konferenz hielt fest, dass das gesetzte Ziel noch nicht erreicht worden sei. An einzelne Vereine wurde appelliert, sich aktiver in diese Initiative einzubringen.

Zümrüt: Gegenpol zum Konzept der Vernichtung des kurdischen Volkes

Unter den Impulsvorträgen machte die kurdische Exilpolitikerin und Ko-Vorsitzende von KON-MED, Zübeyde Zümrüt, den Anfang. „Diese Konferenz ist ein Gegenpol zu dem Vernichtungskonzept, das den kurdischen Freiheitskampf sowohl in Europa als auch in Kurdistan zu zerschlagen versucht. Als kurdische Gesellschaft werden wir uns überall gegen die Politik der Vernichtung stellen.“ Zümrüt betonte in ihrer Rede, dass Kurdinnen und Kurden außerhalb ihrer Heimat eine Verantwortung hätten, auf die Straße zu gehen. „Wir müssen die Stimme derjenigen sein, die der türkische Staat zum Schweigen bringen will. Der Kampf der kurdischen Freiheitsbewegung und der Kampf um Abdullah Öcalans Freiheit verbindet und verpflichtet uns“, sagte Zümrüt.

Sever: Deutschland braucht einen radikalen Politikwechsel

Engin Sever, ebenfalls Ko-Vorsitzender des kurdischen Dachverbands in Deutschland, wies auf die „internationale Strahlkraft“ des PKK-Verbots hin. Es entziehe einem ganzen Volk das Recht auf politische Meinung und die Auflehnung gegen Unrecht und bilde die Grundlage einer massiven Kriminalisierung. Mit Blick auf die Kriegssituation in Kurdistan sagte Sever: „Wir werden von verschiedenen Fronten angegriffen. Es ist ein Kampf um Sein oder Nichtsein, die Zeiten sind historisch. Selbst in einer Phase wie dieser das PKK-Verbot aufrecht zu halten bedeutet, die genozidale Vernichtungsmentalität des türkischen Staates zu unterstützen. Wir fordern die Aufhebung dieses Verbots und einen radikalen Politikwechsel.“

Linksjugend dem kurdischen Befreiungskampf verbunden

Unter den Gästen der Konferenz war auch Jan Schiffer aus dem Bundesprecher:innenrat (BSPR) der Linksjugend solid. In einer Rede drückte er seine Bewunderung für den Kampf der kurdischen Freiheitsbewegung, insbesondere für den Kampf der Frauenbewegung aus. Seit der Delegationsreise von „Defend Kurdistan“ im vergangenen Jahr fühlten sich viele Aktive des Verbands dem kurdischen Widerstand stärker verbunden. Neben Schiffer waren noch drei weitere Mitglieder aus dem BSPR als Delegierte der #Delegation4Peace nach Kurdistan mitgereist. Zwei Hamburger Delegierte, die von der Bundespolizei an der Ausreise nach Südkurdistan gehindert worden waren, hatten kürzlich Klage dagegen eingereicht.

Trabert: Bedrohung durch „Terrorismus“ ist eine Farce

Der Mainzer Sozialmediziner Prof. Dr. Gerhard Trabert ließ der Konferenz eine Videobotschaft zukommen. Darin sprach er dem kurdischen Volk seine Solidarität aus und zeigte sich erschüttert über die völkerrechtswidrigen Angriffe der Türkei gegen Kurdinnen und Kurden in Nordostsyrien und im Nordirak. Im Windschatten der Russland-Aggression hatte Ankara eine weitere Invasion in Südkurdistan vom Zaun gebrochen und die Angriffe auf Rojava intensiviert. Seit einigen Wochen wird zudem mit einem neuerlichen Angriffskrieg gedroht. Trabert kritisierte die türkische Regierung für ihr „Ausnutzen des Ukraine-Krieges“ und sprach mit Blick auf die von Ankara als Begründung propagierte „Terrorbedrohung“ von einer Farce. „Die Außenpolitik Deutschlands versagt hier auf ganzer Linie. Wir müssen versuchen, auf die deutsche Außenpolitik Einfluss zu nehmen“, so Trabert.

HDP-Ehrenvorsitzender Kürkçü: Wir glauben an den Sieg und kämpfen dafür

Der HDP-Ehrenvorsitzende Ertuğrul Kürkçü formulierte eine deutliche Warnung: „Entweder werden wir den türkischen Faschismus niederringen, oder aber wir werden lange und dunkle Zeiten durchleben.“ Die islamofaschistische Regierungskoalition aus der Erdoğan-Partei AKP und dessen rechtsextremistischen Verbündeten von der MHP müsse auf den Müllhaufen der Geschichte katapultiert werden, damit die Türkei den Weg zu Frieden, Freiheit und Demokratie einschlagen kann. „Die HDP ist stark, sie hat dem Faschismus bereits schwere Niederlagen zugefügt.“ Kürkçü zeigte sich überzeugt, dass das AKP/MHP-Bündnis mit der HDP bezwungen werden kann: „Wir glauben an den Sieg und kämpfen dafür.“

Şakar: Terrorismusdiskurs „wichtige Waffe“ in Ankara

Der Aachener Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko (DIE LINKE) war ebenfalls unter den Gästen der Konferenz und betonte die Wichtigkeit und Fortschrittlichkeit des Kampfes der kurdischen Freiheitsbewegung. „Auch wir als Linke konnten einige Siege gegen die Türkei im Europaparlament erringen“, sagte Hunko. Der Rechtsanwalt Mahmut Şakar, Vorstandsmitglied vom Kölner Verein für Demokratie und internationales Recht (MAF-DAD e.V.) und ehemaliger Verteidiger Abdullah Öcalans, widmete sich in seiner Rede dem PKK-Verbot in Deutschland. Şakar bezeichnete den Terrorismusdiskurs des türkischen Staates als eine „wichtige Waffe“ der Führung in Ankara, über die das PKK-Verbot begründet werde. Die Grundlage sei damit eine politische. „Rechtlich gesehen handelt es sich bei dem Verbot um eine Verordnung des Innenministeriums, die aber nur sehr schlecht begründet ist. Doch trotz keinerlei illegaler Aktivitäten der Bewegung in Deutschland nimmt die Repression gegen kurdische Aktive kontinuierlich zu. Um die Aufhebung des Betätigungsverbots für die PKK zu erwirken, findet ein juristischer Kampf statt, der teilweise auch erfolgreich ist – zuletzt in Belgien. Grundsätzlich aber muss ein politischer Sieg über das Verbot errungen werden. Dieser Sieg ist wichtig, denn unsere Arbeiten sind durch die Repression, die die kurdische Bewegung erfährt, massiv eingeschränkt.“