Die internationale Initiative Justice for Kurds hat im November 2021 eine Kampagne für die Streichung der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) von den Listen terroristischer Organisationen in der EU und den USA gestartet. Zu den ersten Unterzeichnenden der Petition gehören über tausend Persönlichkeiten aus dreißig verschiedenen Ländern.
Heinz Jürgen Schneider: Weil der Kampf nicht auf eine Terrorliste gehört
In der Tageszeitung Yeni Özgür Politika haben sich Rechtsanwälte dazu geäußert, warum sie die Kampagne unterstützen. So erklärt Dr. Heinz Jürgen Schneider, Jurist und Autor aus Hamburg: „Weil der Kampf für Freiheit, Demokratie und die Rechte der Menschen nicht auf eine Terrorliste gehören.“
Lukas Theune: Einer Demokratie unwürdig
Dr. Lukas Theune vom Vorstand des Republikanischen Anwaltsvereins (RAV) unterstützt die Initiative, die PKK von der „Terrorliste" zu streichen, „weil die Kriminalisierung einer ganzen Bevölkerungsgruppe einer Demokratie unwürdig ist und weil eine moderne Gesellschaft Konflikte im Dialog löst. Die Hofierung des Erdogan-Regimes vor dem Hintergrund des Türkei-EU-Deals muss aufhören. Menschenrechte sind unverhandelbar“, so der Berliner Rechtsanwalt.
Stephan Kuhn: Die PKK ist eine Konfliktpartei
Der Frankfurter Strafrechtler Stephan Kuhn erklärt, dass er den Aufruf aus einer Vielzahl von Gründen unterzeichnet hat: „Vor allen Dingen handelt es sich aus meiner Sicht bei der PKK nicht um eine Terrororganisation sondern um eine Konfliktpartei. Die Bezeichnung als Terrororganisation ist Ausdruck einer einseitigen Parteinahme zu Gunsten des türkischen Staates, die dessen Menschen- und Völkerrechtsverletzungen ignoriert und eine politische Lösung des Konflikts erschwert.“
Roland Meister: Markstein rassistischer Diskriminierung
Roland Meister von der Kanzlei Meister & Co aus Gelsenkirchen hat bereits zur Zeit des durch den damaligen Bundesinnenminister Kanther ausgesprochenen Betätigungsverbots gegen die PKK von 1993 als Rechtsanwalt den Berxwedan-Verlag und die Nachrichtenagentur Kurd–HA vertreten. „Das PKK-Verbot setzte am bis heute gültigen KPD-Verbotsurteil des Bundesverfassungsgerichtes von 1956 an und sollte weitergehende Möglichkeiten schaffen, um den Befreiungskampf des kurdischen Volkes zu diskriminieren und antifaschistische, revolutionäre und kommunistische Gesinnung und Tätigkeit in der Türkei und Deutschland und die Solidarität damit zu kriminalisieren. Es bedeutete einen Markstein der rassistischen Diskriminierung von kurdischem Migranten:innen und ihrer Organisationen und Einrichtungen“, stellt Meister zum historischen Hintergrund fest und erklärt weiter:
„Bis heute werden angeblich der PKK nahestehende Veranstaltungen, Demonstrationen, Konzerte, Zeitungen und Embleme verboten und deshalb Menschen strafrechtlich verfolgt. So wurde im Juli 2021 unter Bruch der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) der Kongress des in vielen Ländern der EU tätigen kurdischen Europadachverbandes KCDK-E in Bergisch-Gladbach unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das PKK-Verbot untersagt. Das internationale Völkerrecht wird seitens der Herrschenden in Deutschland ignoriert, das auch ,bewaffnete Konflikte, in denen Völker gegen Kolonialherrschaft und fremde Besetzung sowie gegen rassistische Regimes in Ausübung ihres Rechts auf Selbstbestimmung kämpfen' als legitim ansieht. Das Erdogan-Regime ist ohne Zweifel eine rassistische und faschistische Diktatur. Auf einer Veranstaltung in der Kölner Sporthalle kurz nach dem Verbot sagte ich, dass ich mir sicher bin, dass das Verbot weder den kurdischen Befreiungskampf und die Solidarität damit verhindern kann, ebenso wie es die brutale Repression in der Türkei, dem Iran, Irak oder Syrien geschafft hat, das kurdische Volk mundtot zu machen. Tatsächlich ist der kurdische Freiheitskampf trotz aller Unterdrückung im Mittleren Osten deutlich erstarkt und hat die Solidarität gegen alle Diffamierungen und Kriminalisierungen in Deutschland deutlich zugenommen.“
Es sei an der Zeit, „dass PKK-Verbot aufzuheben sowie alle damit verbundenen Repressionen und Sanktionen. Die Strafverfahren gegen die progressiven und revolutionären Politiker:innen aus der Türkei und Kurdistan müssen beendet, die Inhaftierten sofort freigelassen und auch für die Haft entschädigt werden“, fordert der Rechtsanwalt.
Nick Brauns: Schrittmacher beim Abbau demokratischer Rechte
Auch der Berliner Historiker und Journalist Dr. Nick Brauns hat den Aufruf unterzeichnet. Zur Begründung sagt er: „Die Verfolgung der kurdischen Befreiungsbewegung in Deutschland diente seit den ersten großen PKK-Prozessen Ende der 80er Jahre über das PKK-Verbot in den 90er Jahren bis heute als Schrittmacher beim Abbau demokratischer Rechte insgesamt. Davon betroffen sind in erster Linie aber nicht ausschließlich die in der Bundesrepublik lebenden Kurdinnen und Kurden. Das undemokratische und in seiner Auswirkung auch rassistische PKK-Verbot muss endlich fallen. Die Kriminalisierung einer ganzen Bevölkerungsgruppe muss beendet werden. Damit würde zudem der Druck auf die türkische Regierung zunehmen, in einen erneuten Friedensdialog mit der PKK zu treten.“