Zweifelhafte Angaben zu Corona-Fällen in der Türkei
Das Gesundheitsministerium der Türkei gibt die Anzahl der Corona-Toten im Land mit 2.229 an. Ärzteverbände bezweifeln die Angaben.
Das Gesundheitsministerium der Türkei gibt die Anzahl der Corona-Toten im Land mit 2.229 an. Ärzteverbände bezweifeln die Angaben.
Nach Angaben des türkischen Gesundheitsministeriums hat sich die Anzahl der Corona-Toten in der Türkei in den letzten 24 Stunden um 119 auf 2.229 erhöht. Inzwischen gibt es 95.591 bestätigte Infektionsfälle. Ab dem 23. April ist eine viertägige Ausgangssperre in 31 Städten angeordnet worden. Wegen der Pandemie gelten in der Türkei bereits Ausgangsbeschränkungen für chronisch Kranke und Senioren über 65 sowie Menschen unter 20 Jahren.
Dr. Yaşar Ulutaş, Vorstandsmitglied des türkischen Ärzteverbands (TTB), kritisiert die fehlende Transparenz im Informationsfluss des Gesundheitsministeriums. Auch Dr. Osman Öztürk von der Istanbuler Ärztekammer zweifelt die Daten des Ministeriums zur Corona-Pandemie an. Die Regierung verheimliche das wirkliche Ausmaß, um zumindest in der Gesundheitspolitik Erfolgsgeschichte zu schreiben, erklärte der Arzt.
8000 Infektionsfälle beim medizinischen Personal
Die Gewerkschaft der Beschäftigten im Gesundheitssektor und sozialer Dienste (SES) hat die Ergebnisse einer vom 15.-18. April durchgeführten Umfrage zu den in der Pandemie erlebten Schwierigkeiten ihrer Mitglieder veröffentlicht. Nach Angaben der Ko-Vorsitzenden Gönül Erden wird von 8000 Infizierten beim medizinischen Personal ausgegangen. In 39 Prozent der Krankenhäuser sind die Beschäftigten überhaupt nicht getestet worden, in neun Prozent nur ein Mal.
Keine Prävention in Gefängnissen
Entgegen der Beteuerungen des Justizministeriums, dass in den türkischen Haftanstalten Schutzmaßnamen gegen die Ausbreitung des Coronavirus getroffen werden, häufen sich anderslautende Berichte von Gefangenen. Aus dem F-Typ-Gefängnis Kırıkkale wird gemeldet, dass selbst chronisch Kranken keine Hygienemittel ausgehändigt werden. Mazlum Güzel aus dem T-Typ-Gefängnis Şırnak berichtete seinem Bruder telefonisch, dass überhaupt keine Prävention stattfindet und selbst die Essensausgabe eingeschränkt worden ist. Nach Angaben von Selami Keleş, der im T-Typ-Gefängnis Düzce einsitzt und unter Epilepsie leidet, trägt das Wachpersonal keine Masken und auch den Gefangenen wurden keine Masken ausgehändigt.
Die Istanbuler HDP-Abgeordnete Züleyha Gülüm hat zahlreiche ähnliche Fälle aus den Gefängnissen zusammengetragen und geht von einer erschreckenden Dimension des Ansteckungsrisikos aus. Die Politikerin forderte eine unabhängige Inspektion aller Haftanstalten einschließlich des Inselgefängnisses Imrali.
Hilfspakete der HDP beschlagnahmt
Die HDP setzt ihre zur Unterstützung von Hilfebedürftigen in der Coronakrise gestartete Patenfamilienkampagne fort. Die türkische Regierung versucht unterdessen, alle kommunalen Hilfsprojekte und die Solidarität oppositioneller Parteien zu unterbinden. Mit öffentlichen Spenden finanzierte Hilfspakete werden mit dem AKP-Logo versehen und an Familien verteilt.
In Agirî (türkisch: Ağrı) sind heute Hilfspakete der HDP beschlagnahmt worden. Die örtliche Vorstandsmitglieder Hakan Mağlay und Yusuf Keser wurden mit der Begründung festgenommen, dass Unterstützung nur von staatlichen Einrichtungen verteilt werden darf.