Die Kampagne Women Defend Rojava hat in Berlin den Film „Kobanê“ gezeigt. Anlass war der Welt-Kobanê-Tag, der seit 2014 am 1. November als internationaler Solidaritätstag begangen wird. Im Herbst jenes Jahres hielt die Welt den Atem an, blickte gebannt auf die Stadt im westlichen Kurdistan, auch bekannt als Rojava, und fieberte quer durch die politischen Landschaften mit den Kurdinnen und Kurden in ihrem Kampf um Kobanê gegen die Mörderbanden des sogenannten IS mit. Die Dschihadistenmiliz hatte im September einen Großangriff auf die Stadt an der syrisch-türkischen Grenze gestartet – mit Unterstützung des Erdoğan-Regimes. Der türkische Staatschef setzte auf die selbsternannten „Gotteskrieger“, in der Hoffnung, sich von dem von Abdullah Öcalan inspirierten Autonomieprojekt an der türkischen Südgrenze und dessen regionaler Vorbildwirkung entledigen zu können. Die durch die Rojava-Revolution von 2012 Gestalt annehmende Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts der Kurdinnen und Kurden war der türkischen Machtelite ein derartiger Dorn im Auge, dass es mit allen nur erdenklichen Mitteln – oder in Erdoğans eigenen Worten „wie hoch der Preis auch sein mag“ – beseitigt werden sollte.
Über drei Monate lang hielten die Selbstverteidigungseinheiten YPG und YPJ zusammen mit der Zivilbevölkerung die Stadt. In einer einzigartigen Solidaritätswelle gingen weltweit Millionen Menschen auf die Straßen, um Unterstützung für die Verteidigung Kobanês einzufordern. Die internationale Anti-IS-Koalition sah sich gezwungen einzugreifen und bombardierte strategische Punkte des IS. Die YPJ und YPG rückten am Boden vor: Haus für Haus, Straße für Straße, Viertel für Viertel. 135 Tage wurde in Kobanê Widerstand geleistet, bis die vollständige Befreiung am 26. Januar 2015 deklariert werden konnte. Dieser Sieg gilt als erste, aber vor allem entscheidende Niederlage des IS. Tausende Dschihadisten wurden allein bei der Befreiung der letzten zwei Stadtteile getötet. Insgesamt wird von rund 6.000 Toten des IS in Kobanê ausgegangen.
Der Film „Kobanê“, den Regisseurin Özlem Yaşar drehte, erzählt in 140 Minuten die Geschichte diees Widerstands. Das von der Filmkommune Rojava produzierte Werk folgt dem Leben von Zehra, einer 32-jährigen YPJ-Kämpferin. Als der Kommandant ihrer Einheit die Flucht ergreift, übernimmt sie die Führung. Über 50 Menschen folgten der Einladung von Women Defend Rojava in Berlin, um gemeinsam den Film zu schauen. Der Film bewegte das Publikum sehr. Vor der Vorführung wurde noch ein Input über die Situation in Kobanê 2014 und 2015 gegeben. Dem folgte eine Einordnung der aktuellen Angriffe der Türkei auf die Autonomieregion Nord- und Ostsyrien. Eine Vertreterin von Women Defend Rojava sagte: „Wenn wir über den Widerstand 2015 in Kobanê reden, müssen wir auch auf den Widerstand, den die Menschen vor Ort gerade jetzt gegen die türkischen Angriffe leisten, aufmerksam machen.“
Eine weitere Rednerin verurteilte „den Westen“ für die unterlassene Hilfeleistung gegenüber den YPG und YPJ. „Die Verteidigungskräfte von Rojava tragen die Werte der Basisdemokratie, Ökologie und Frauenbefreiung und verteidigen sie für alle Menschen weltweit. Die internationale Gemeinschaft hätte die Chance ergreifen können, diese Bewegung zu unterstützen und soziale Veränderungen in der Region zu fördern. Die Untätigkeit des Westens in dieser Hinsicht untergräbt die Bemühungen um Geschlechtergleichstellung und sendet eine enttäuschende Botschaft an Frauen, die für Freiheit und Gerechtigkeit kämpfen. Es ist an der Zeit, dass der Westen sein Engagement für feministische Werte und Gleichstellung in der internationalen Politik stärker betont, das türkische Regime verurteilt und die Zusammenarbeit mit Ankara beendet.“