Wien: SPÖ befragt Außenministerin zu Hungerstreik

Die österreichische SPÖ macht den Hungerstreik gegen die Isolation Abdullah Öcalans und die undemokratischen Praktiken bei den Kommunalwahlen zum Thema im Nationalrat.

Die Abgeordneten der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) Petra Bayr, Nurten Yilmaz und ihre Fraktion thematisieren den Hungerstreik und die Lage in der Türkei mit einer parlamentarischen Initiative im Österreichischen Nationalrat und stellen der Außenministerin kritische Fragen. Sie verlangen von ihr eine Positionierung zu den Forderungen nach Aufhebung der Isolation Abdullah Öcalans.

Angriffe auf Opposition haben unerträgliches Ausmaß erreicht

Im Vorwort der parlamentarischen Anfrage wird auf den EU-Türkei-Fortschrittsbericht hingewiesen und erklärt: „Die Angriffe gegenüber Oppositionspolitiker*innen, insbesondere der HDP, haben ein unerträgliches Ausmaß angenommen. Im Zuge der Ende März statt gefundenen Gemeinderatswahlen in der Türkei erhöhte die Erdoğan­-Regierung das Tempo gegenüber der Opposition und ließ sämtliche Aktivist*innen der HDP, aber auch solche der CHP und Iyi Parti, verhaften. Täglich wurden Oppositionelle als Terroristen bezichtigt.“

Folter und Staatsterror an der Tagesordnung

Zur Situation in den Gefängnissen und der Isolation Öcalans heißt es: „Von den Inhaftierten in den Gefängnissen ist kaum mehr etwas zu hören. Der PKK-Anführer Abdullah Öcalan ist seit Jahren ohne Besuchsrechte und ohne jeglichen Kontakt zur Außenwelt in Isolationshaft auf der Insel Imrali. Selahattin Demirtaş und Figen Yüksekdağ sowie andere HDP-Abgeordnete und Bürgermeister*innen, Universitätsgelehrte, die sich für den Frieden eingesetzt haben, zahlreiche Journalist*innen und sogenannte Gülen­-Anhänger*innen sitzen seit Jahren ohne Anklageschrift bzw. mit ‚Teilverurteilungen‘ in den Gefängnissen. Folter, Isolation und Staatsterror inner- und außerhalb der Gefängnisse sind in der Türkei an der Tagesordnung.“

7.000 Menschen im Hungerstreik

Zum Hungerstreik schreiben die Abgeordneten: „Um auf diese unmenschliche Situation aufmerksam zu machen, befinden sich rund 7.000 politische Gefangene im Hungerstreik. Der Gesundheitszustand der HDP-Abgeordneten Leyla Güven hat sich in seinem 139. Tag dramatisch verschlechtert – ungeachtet ihrer zwischenzeitlichen Enthaftung. Vier Menschen haben bis dato bei diesen Hungerstreiks ihr Leben verloren.“

2020 soll trotz Menschenrechtsverletzungen „türkisch-österreichisches Kulturjahr“ werden

Die Politikerinnen kritisierten die Zurückhaltung Österreichs in der Kritik am AKP-Regime: „Es ist gerade in Österreich verwunderlich, dass sich die Bundesregierung mit Kritik an der Türkei zurückhält. Trotz zahlreicher Kontakte von Außenministerin Kneissl zu ihrem Amtskollegen Çavuşoğlu ist es nicht nach außen vorgedrungen, ob und inwiefern sich Ministerin Kneissl zu den Entwicklungen in der Türkei kritisch geäußert hat. Umso mehr überrascht es uns, dass die Außenministerin in der Stadtzeitung Biber bekannt gibt, dass 2020 ein Kulturjahr zwischen Österreich und der Türkei werden.“

Die Abgeordneten fragen nach den Möglichkeiten der Außenministerin, sich für die Menschenrechte, die Meinungs- und Pressefreiheit, die Rechte von Oppositionspolitiker*innen und eine Verbesserung der Haftbedingungen in den Gefängnissen in der Türkei einzusetzen und wollen wissen, welche Schritte in dieser Hinsicht bisher unternommen worden sind, insbesondere zur Rolle der Menschenrechte im angekündigten Kulturjahr zwischen Österreich und der Türkei im Jahr 2020. Eine Frage lautet: „Derzeit befinden sich 7.000 Personen in den türkischen Gefängnissen in Hungerstreik, darunter Leyla Güven. Sie befindet sich seit nun mehr 148 Tagen in Hungerstreik. lst ihnen dieser Umstand bekannt bzw. kennen Sie die Forderungen der Hungerstreikenden? Wenn ja, wie stehen Sie dazu?“

Wichtige Anfragen wie diese werden immer häufiger in den europäischen Parlamenten gestellt und setzen die Regierungen der europäischen Staaten unter Druck, sich endlich zu den Hungerstreiks und den Menschenrechten in der Türkei zu verhalten.

Die HDP-Politikerin Leyla Güven begann am 7. November einen Hungerstreik, um die Isolation von Abdullah Öcalan zu durchbrechen. Mehr als 7.000 politische Gefangene, Aktivist*innen, Politiker*innen und Abgeordnete schlossen sich dem Hungerstreik für die Aufhebung der Isolation Öcalans auf Imrali bisher an. Sie fordern die Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen und Bedingungen für Öcalan, in denen er frei leben und arbeiten kann, um so zur Lösung der kurdischen Frage beizutragen. Bereits acht Menschen haben im Widerstand gegen die Isolation ihr Leben verloren.