Wien: Sicherheitszone für Demokratie vor türkischer Botschaft errichtet ­

Das zivilgesellschaftliche Aktionsbündnis „Sicherheitszone für Demokratie“ in Wien fordert eine demokratische Lösung für Syrien und ein Ende der Zusammenarbeit mit Erdoğan.

Solidarität mit Rojava

Mehrere Dutzend Aktivist:innen haben am Montagmorgen eine Sicherheitszone für Demokratie vor der türkischen Botschaft in Wien errichtet. Flora Koss, Sprecherin des Aktionsbündnisses „Sicherheitszone für Demokratie“, erklärt: „Wir beziehen uns mit der Aktion auf die aktuelle Lage in Syrien. Die Menschen vor Ort wollen nach 54 Jahren Diktatur endlich selbstbestimmt leben. Der Vormarsch islamistischer Kräfte und das türkische Erdoğan-Regime sind dafür eine Gefahr.“

Kritik am österreichischen Diskurs

Die Aktivist:innen zeigen sich empört über den aktuellen Diskurs in der österreichischen Öffentlichkeit: „Hierzulande diskutieren Medien und Politik inzwischen darüber, wie eine Zusammenarbeit mit der islamistischen Miliz HTS und der pro-türkischen SNA aussehen kann und wann man wieder nach Syrien abschieben kann. Das ist absurd. Stattdessen sollten wir über langfristige Lösungen und mit den demokratischen Akteur:innen vor Ort sprechen“, sagt Simon Walser vom Aktionsbündnis.


Gemeint ist damit insbesondere die Demokratische Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien (DAANES) – auch als Rojava bekannt. Dort begannen die Menschen 2012 inmitten des syrischen Bürgerkriegs, eine demokratische Alternative aufzubauen – jenseits von Assad und Islamismus. Flora Koss sagt: „Das, was viele jetzt für Syrien fordern, wird in der DAANES bereits gelebt. Menschen unterschiedlicher Konfessionen und verschiedener Bevölkerungsgruppen gestalten gemeinsam ihr politisches Leben. Frauen spielen in den Entscheidungsprozessen eine zentrale Rolle.“

Erdoğan als größte Bedrohung für Demokratie in Syrien

„Die größte Gefahr für die DAANES und eine demokratische Zukunft in Syrien stellt aktuell der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan dar. Deswegen stehen wir heute hier vor der türkischen Botschaft“, ergänzt Sprecher Simon Walser. Seit Bestehen der DAANES führt die Türkei Krieg gegen die Region. Die Türkei hat in mehreren Offensiven völkerrechtswidrig Gebiete besetzt und Menschen vertrieben.

Erdoğan rechtfertigt das damit, eine Sicherheitszone zur DAANES schaffen zu wollen. Er wirft der Selbstverwaltung Terrorismus vor und spricht von Nähe zur kurdischen Arbeiterpartei PKK. Die Aktivist:innen halten mit Blick auf die letzten zehn Jahre fest: „Der wahre Terrorist ist Erdoğan selbst. Was die Menschen in Nordostsyrien wirklich brauchen, ist Schutz vor dem Terror des türkischen Staates, eine Sicherheitszone für Selbstbestimmung und Demokratie!“, so Koss.

Gegen Abschiebungen: Aufbau einer demokratischen Zukunft als oberste Priorität

Das Aktionsbündnis kritisiert dabei auch die österreichische Regierungspolitik: „Es ist heuchlerisch, von Demokratie zu sprechen und gleichzeitig gemeinsame Sache mit Erdoğan zu machen. Österreich soll Partei für die demokratischen Kräfte in Syrien ergreifen“, fordert Simon Walser. „Das heißt konkret: Österreich muss die DAANES endlich anerkennen.“ Auch auf das Thema Flucht gehen die Aktivist:innen ein. Sie sprechen sich für das Bleiberecht aller Syrer:innen in Österreich aus. Flora Koss sagt: „Es ist absurd, jetzt über Abschiebungen nach Syrien zu sprechen. Alle politische Energie muss in den Aufbau eines demokratischen Landes fließen, in dem Menschen wieder leben können und wollen.“

Fotos: „Sicherheitszone für Demokratie“