Wieder Toter auf Istanbuler Flughafenbaustelle

Auf der Baustelle des dritten Istanbuler Flughafens ist ein weiterer Arbeiter ums Leben gekommen. Nach Gewerkschaftsangaben handelt es sich um den 39. Toten, Schätzungen gehen sogar von bis zu 400 Toten aus.

Auf dem dritten Istanbuler Flughafen ist ein weiterer Mensch ums Leben gekommen. Wie berichtet wird, stürzte der Flughafenarbeiter Seyithan Kaya in einen Aufzugsschacht und erlag seinen schweren Verletzungen. Der Leichnam des Kurden aus Qers/Dîxor (Kars/Digor) befindet sich im gerichtsmedizinischen Institut von Istanbul.

Flughafen so groß wie 11.000 Fußballfelder

Der Flughafen - ein Prestigeprojekt des türkischen Präsidenten Erdoğan - war Ende Oktober am 95. Jahrestag der Gründung der türkischen Republik symbolisch eröffnet worden. Staatsgäste aus 87 Nationen waren angereist, um auf einer Baustelle der feierlichen Zeremonie beizuwohnen. Mit der Fertigstellung ist frühestens Ende des Jahres zu rechnen, Aserbaidschan und Nordzypern werden allerdings schon jetzt angeflogen. Nach dem Willen Erdoğans soll der Airport zum weltgrößten Drehkreuz werden. Er hat eine Fläche von etwa 11.000 Fußballfeldern.

Schätzungen gehen von 400 bis 1.000 Toten seit Baubeginn aus

Der Grundstein der Flughafenbaustelle wurde im Juni 2014 gelegt. Nach Gewerkschaftsangaben handelt es sich bei Seyithan Kaya um den 39. Toten. Im Februar dieses Jahres berichtete die türkische Zeitung „Cumhuriyet“, dass mindestens 400 Arbeiter seit Baubeginn gestorben seien. Beschäftigte würden im Schlamm begraben, unter Geröll verschüttet, fielen von Dächern und stürben in überfüllten Bussen. Die meisten Unfälle aber würden durch den unablässigen Strom von 1.500 Lastwagen auf dem riesigen Gelände verursacht, die Bauschutt und Abraum transportieren, schrieb die Zeitung. Diese Zahlen bestätigte auch der HDP-Abgeordnete Ali Kenanoğlu in einer parlamentarischen Anfrage an das Arbeitsministerium. Kenanoğlu wollte zudem vom Arbeitsminister wissen, ob er davon Kenntnis habe, dass den Hinterbliebenen von dem für den Flughafenbau verantwortlichen Konsortium Istanbul Grand Airport (IGA) Schweigegeld angeboten wurde. Die Antwort steht noch aus. Offizielle Stellen haben bisher 30 Todesfälle bestätigt. Die liberale Internetzeitung T24 zitierte einen Ingenieur, der zwei Jahre auf der Baustelle gearbeitet hat. „Die Zahl von 1.000 Toten seit Baubeginn wäre eine optimistische Schätzung“, sagte er.

Festnahmen und Verhaftungen nach Protesten gegen Arbeitsbedingungen

Mitte September brach eine Protestwelle der Arbeiter aus, die gegen Erniedrigung, schlechte Versorgung, ungesunde Betten, ungesundes Essen und oft tödliche Arbeitsunfälle aufgrund katastrophaler Sicherheitsbedingungen demonstrierten. Mehr als 500 Personen wurden 24 von ihnen anschließend als Rädelsführer verhaftet. Weitere sechs Inhaftierungen kamen in den vergangenen Wochen hinzu.